Von Aufbau zu Ullstein

Gunnar Cynybulk geht

  • Martin Hatzius
  • Lesedauer: 2 Min.

Er war seit Anfang 2014 das Gesicht des Aufbau-Verlags. Gemeinsam mit Reinhard Rohn übernahm Gunnar Cynybulk damals die verlegerische Geschäftsleitung des ostdeutschen Traditionshauses - und strahlte inmitten aller branchentypischen und verlagsspezifischen Turbulenzen bei jeder Gelegenheit nicht nur programmatische Weitsicht, literarische Leidenschaft und zeithistorisches Bewusstsein aus, sondern vor allem Zuversicht. Nun verlässt Cynybulk überraschend den Aufbau-Verlag, dem er seit zwei Jahrzehnten verbunden war - von seinen Anfängen als Lektorats-Volontär bis hin zur überaus erfolgreichen Verlegertätigkeit. Zum 1. Oktober übernehme der 46-Jährige stattdessen die verlegerische Geschäftsführung der ebenfalls in Berlin angesiedelten Ullstein-Buchverlage, wie die Bonnier Media Deutschland GmbH am Mittwoch in München mitteilte.

In seiner kurzen Zeit als Aufbau-Verlagsleiter konnte Cynybulk nicht nur überraschende Erfolge von Autoren wie Bov Bjerg (»Auerhaus«) und Philipp Winkler (»Hool«) verbuchen, an die er geglaubt und die er gefördert hatte, ihm fiel es 2015 auch zu, das Haus zum 70. Jahrestag seines Bestehens in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Das tat er mit sichtlicher Freude, vor allem aber mit einem treffsicheren Gespür dafür, was den bedeutendsten Literaturverlag der DDR ein Vierteljahrhundert nach deren Ende auszeichnen müsse. Kein »Ostverlag«, sondern ein »deutsch-deutscher Verlag« sei Aufbau in seinen Augen, sagte Cynybulk damals gegenüber dieser Zeitung: »Dieser Begriff impliziert die Brüche der Epoche und die deutsche Teilung. Und es gibt kaum einen Verlag, der diese Geschichte so mit sich trägt, wie der Aufbau-Verlag. Diese Tradition zu wahren, ist programmatisch immer noch wichtig für uns.«

Eine deutsch-deutsche Biografie brachte der studierte Literaturwissenschaftler, Historiker und Philosoph selbst mit. 1970 in der DDR geboren, wuchs Cynybulk in Leipzig auf, reiste aber 14-jährig mit seinen Eltern nach Bayern aus. Sein Debüt als Schriftsteller, den Roman »Das halbe Haus«, veröffentlichte er 2014 bei Dumont. In dem Buch erzählt er ein ganzes Jahrhundert deutscher Geschichte anhand der Erfahrungen einer Familie. Cynybulk im besagten nd-Interview aus dem Oktober 2014: »Per Leo hat einmal gesagt, der Zweite Weltkrieg - und ich würde es erweitern um die deutsch-deutsche Teilung -, das ist unsere Antike. Ich glaube, dass die interessanten Stoffe für Belletristik und auch für den Sachbuchbereich immer wieder aus diesem Themenumfeld kommen werden.«

Für den Aufbau-Verlag ist Cynybulks Weggang ein großer Verlust, auch wenn er »als Freund des Hauses« geht und »uns als Freund erhalten bleiben«, wie Gesellschafter Matthias Koch betont. Mit der Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger will man sich offenbar Zeit lassen. Einstweilen werden seine Aufgaben hausintern an Reinhard Rohn übergeben. Unterstützt werden soll er von den Lektorinnen Franziska Günther und Stefanie Werk.

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