15 000 Fass pro Tag
Nordkorea ist abhängig von Ölimporten
Die USA wollen Nordkorea mit einem Ölembargo zu einem Stopp des Atombomben- und Raketenprogramms zwingen. Ob China und Russland, die beiden wichtigsten Öllieferanten Nordkoreas, dem US-Wunsch entsprechen werden, ist allerdings noch unklar. Peking fürchtet den Kollaps des Nachbarlandes. Regierungsberater Shi Yinhong sagte: »Ein vorübergehender oder teilweiser Bann ist möglich, aber Chinas Regierung wird sich definitiv weigern, Ölexporte nach Nordkorea komplett und für immer einzustellen.«
Nordkorea hat keine eigenen Ölvorkommen und ist daher zu 100 Prozent auf Importe angewiesen. Dabei ist der Ölverbrauch des ostasiatischen Landes winzig. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass Nordkorea gerade einmal 15 000 Fass (à 159 Liter) Rohöl pro Tag verbraucht. Im Vergleich: Nachbar Südkorea mit einer knapp doppelt so großen Bevölkerung verbraucht die 170-fache Menge: 2,6 Millionen Fass pro Tag. Beim Pro-Kopf-Verbrauch lag Nordkorea in einer Auswertung der Daten der Statischen Ämter im Zeitraum 2003 bis 2017 auf Rang 169 von 195 Staaten.
China ist der mit Abstand wichtigste Lieferant für Rohöl und für Ölprodukte nach Nordkorea. 10 000 Fass importiert das Land in Form von Rohöl über eine Pipeline aus der Volksrepublik. Der Rohstoff wird in der einzigen Raffinerie des Landes in Sinuiju weiterverarbeitet. Die Industriestadt liegt an der Grenze zu China am Fluss Yalu nahe der Koreabucht und ist Teil einer Sonderwirtschaftszone.
Die Ölabhängigkeit von China ist sehr groß. Ende April, als Benzin an den Tankstellen plötzlich rationiert wurde und die Preise stark stiegen, wurde daher darüber spekuliert, ob Peking Nordkorea den Ölhahn zugedreht haben könnte. In Nordkorea gibt es mittlerweile deutlich mehr private Pkw als früher, weshalb die Zahl der Tangstellen in den vergangenen Jahren gestiegen ist.
Die IEA geht davon aus, dass Nordkorea auch rund 6000 Fass Benzin und Kerosin pro Tag importiert. Diese Produkte kommen zum größten Teil per Tankschiff aus China. Aber auch Russland exportiert Ölprodukte per Schiff. Hier geht die IEA von rund 700 Fass pro Tag aus.
Wie lange Nordkorea, sollte es tatsächlich zu einem Embargo kommen, ohne Ölimporte auskommen kann, ist nicht bekannt. Beobachter gehen davon aus, dass das Land über Reserven für mehrere Monate verfügt. Ölprodukte werden vor allem von den nordkoreanischen Streitkräften, der kleinen Elite und in der Landwirtschaft benötigt. Hier könnte ein Embargo zuerst Wirkung zeigen, falls in der bevorstehenden Erntezeit Benzin und Diesel für Landwirtschaftsmaschinen rationiert werden müsste.
Auswirkungen auf die Stromproduktion hätte ein Ölembargo hingegen nicht. Elektrizität wird in Nordkorea vor allem mit Kohlemeilern erzeugt, die mit einheimischer Kohle befeuert werden. Darüber hinaus verfügt das Land über einige Wasserkraftwerke.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.