Zeit für schnelle Lösungen
Die deutschen Basketballer glauben im EM-Achtelfinale an ihre Chance gegen Frankreich
Es wird ernst bei der Basketball-Europameisterschaft. Nach der Vorrunde in vier verschiedenen Ländern treffen sich am Wochenende die besten 16 Nationalteams des Kontinents zum Achtelfinale in Istanbul. Mit dabei auch die junge deutsche Mannschaft, die jedoch auf einen schwierigen Gegner treffen wird. Keine zwei Wochen liegen zurück, da verloren die Deutschen ihre letzte Vorbereitungspartie in Berlin gegen Frankreich mit 79:85. Nun treffen sie erneut auf die Franzosen, doch die Vorzeichen sind komplett andere.
In den Wochen vor der EM hatte Bundestrainer Chris Fleming mit so vielen Anreiseverzögerungen, Absagen und Verletzungen seiner Spieler zu kämpfen gehabt, dass er nicht eine Testpartie mit dem kompletten Kader absolvieren konnte. Die Zweifel, ob er das Team um seinen Star Dennis Schröder überhaupt ins Achtelfinale führen könne, wurden in Tel Aviv dann aber mit drei Siegen gegen die Ukraine, Georgien und Italien schnell vertrieben. Platz zwei hinter Litauen war der Lohn - und eigentlich auch, dass man nun auf einen leichteren Gegner treffen sollte.
Doch die Franzosen, die bei den zurückliegenden Welt- und Europameisterschaften noch jeweils Bronze gewonnen hatten, haben geschwächelt. Nach Niederlagen gegen Finnland und Slowenien wurden sie in der Gruppe A nur Dritte und treffen jetzt auf die deutsche Auswahl, die den Rücktritt ihres Superstars Dirk Nowitzki im Jahr 2015 endgültig kompensiert hat. Bei Frankreich machte Altstar Tony Parker erst im vergangenen Jahr Schluss, und die Umstellung läuft trotz einiger NBA-Profis im Team immer noch schleppend.
Sollte Fleming aus den vielen Abwehrfehlern im Vorbereitungsspiel in Berlin die richtigen Schlüsse gezogen haben, ist seiner Mannschaft das Weiterkommen zuzutrauen. Vieles spricht sogar genau dafür, denn nur drei Mannschaften haben bislang bei dieser EM weniger Punkte zugelassen als die deutsche. Auch offensiv verfügt sie mittlerweile über weit mehr Möglichkeiten zu punkten als noch zu Zeiten der Ein-Mann-Show Nowitzki. »Wenn wir alles geben - warum soll es nicht jetzt schon eine Medaille geben?«, fragte der stets selbstbewusste Schröder nun in Istanbul.
Ob das Team wirklich schon Medaillenkandidat ist, bleibt aber noch zu bezweifeln. Die Trefferquote aus der Distanz ist bei Rollenspielern wie Lucca Staiger, Ismet Akpinar und Patrick Heckmann noch zu schlecht. Und in der Defensive fehlt ein starker Center vom Format des verletzt fehlenden Maik Zirbes. Diese Schwachstelle hat die klare 72:89-Niederlage gegen Litauen offengelegt, in der Jonas Valanciunas mit seinen Gegnern machte, was er wollte: 27 Punkte und 15 Rebounds waren eindeutige Belege dafür, dass die Deutschen den Spieler der Toronto Raptors nicht in den Griff bekamen. Mit Joffrey Lauvergne haben die Franzosen einen ganz ähnlichen Spielertypen in ihren Reihen. Fleming muss dafür also schnell Lösungen finden.
Dominiert wird die EM bislang aber weder von Deutschland noch von Frankreich oder Litauen. Die Spanier, denen - auch vom Autor dieser Zeilen - bereits 2013 prognostiziert worden war, den Zenit der goldenen Generation überschritten zu haben, gewannen ihre fünf Vorrundenpartien mit einem durchschnittlichen Vorsprung von fast 30 Punkten. Der 37-jährige Pau Gasol überholte währenddessen erst Nowitzki und dann Parker und darf sich seit Donnerstag mit nunmehr 1111 Zählern bester Punktesammler der EM-Geschichte nennen. Ein paar dürften auf dem Weg zur angestrebten Titelverteidigung in den kommenden Tagen sicherlich noch dazukommen.
Auch die Spanier haben jedoch einen unangenehmen Gegner im Achtelfinale. Gastgeber Türkei hatte sich gerade so durch die Vorrunde gekämpft und hofft nun darauf, von den Heimfans in der Fenerbahçe Arena zu neuen Erfolgen getragen zu werden. »Die Türken sind dazu in der Lage«, sagte auch der deutsche Trainer Fleming jüngst. »2010 haben wir sie mal klar beim Supercup besiegt. Da wurden sie Letzte - ein paar Wochen später dann aber zu Hause WM-Zweite.«
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