In der Sauna mit Wolfgang Neuss
Wer Menschen mag, ist gerne im Schwimmbad am Ernst-Thälmann-Park
»Vati, gib uns je zwei Mark / wir wollen zum Ernst-Thälmann-Park« - ob man das damals je so gesagt hat? Ich denke es jedenfalls oft, wenn ich stolz wie ein Otter meine Jahreskarte der Berliner Bäder-Betriebe (BBB) an der Schwimmbadkasse präsentiere, die Gute-Laune-Wahrscheinlichkeit der Kassierdame beläuft sich jedoch jeden Tag auf stabile zehn Prozent. Und wehe, ich habe kein passendes 1-Euro-Stück für den Schrank dabei! Oder 5 Cent für den Föhn! JA, KANN ICH DENN NICHT MITDENKEN? Gute Laune ist bei mir auch jedes mal sofort auf Original Berlin-Niveau.
Immerhin: Hier werde ich geduldet, wenn auch als Sonderling. »Heut war er schon wieder da! Hat er nicht zu Hause einen Euro?« und »Der spinnt doch!«, scheinen sie hinter meinem Rücken zu sagen, Scheibenwischer-Bewegungen in meine Richtung machend. So erreiche ich regelmäßig die Umkleidekabinen und bin jedes mal froh, wenn der Euro ins Schließfach passt, einmal musste es aufgeschraubt werden, und zwar wegen mir! »Also geht doch«, war der kopfschüttelnde Befund.
In den Herrenduschen. Hier lässt man die Sau, offengesagt, raus. Fingernägel werden geknipst, Bärte geschoren, Hintern mit voller Hand ausgesäubert wie im Zoo. An der Wand angelehnt eine 40 Jahre alte Rückenbürste, auf der »BAD« draufsteht. Gegenfrage: Who is bad?
Drinnen zieht, wenn ich es nicht besser wüsste, Wolfgang Neuss regelmäßig seine Bahnen. Richtig fit sieht er aus! Und vor dem Schwimmen immer schön aufwärmen: am Beckenrand zeigt jedenfalls jemand anderes, nennen wir ihn Isnogud, seine selbstausgedachten Dehn- und Quatschübungen, der Rumpf MUSS dabei verbogen, Kniebeugen MÜSSEN angetäuscht werden. Hier fühle ich mich wohl! Das Soho-House (Torstraße 1) ist ganz woanders (Torstraße 1). Insgesamt ist also immer was los hier im Ernst-Thälmann-Becken: Mini-Kinder lernen Schwimmen, Bademeister überprüfen ihre Digitalnachrichten, Senioren lachen, weil sie sich zum ersten Mal im Wasser zu »YMCA« bewegen - Wer Menschen mag, ist gerne im Ernst-Thälmann-Park! (Neuer Slogan?) Zwei Evergreen-Gedanken während des Schwimmens: Was passiert wohl, wenn man hier einen Föhn reinwirft? Und: Rückenschwimmer - die Geisterfahrer oder eher die Amokläufer unserer Gesellschaft? Oder doch einfach nur die »Querulanten der Schwimmbahn«? Die denken sich dabei doch schon wieder ihre nächsten Kommentare bei Spiegel Online aus!
Jetzt aber bitte schnell weiter in den Saunabereich. Was hier als Erstes auffällt: der unglaublich große Penis von Wolfgang Neuss. Ansonsten alles sehr gepflegt, es gibt auf kleinstem Raum stolze fünf Saunen, Dampfsauna leider seit einiger Zeit geschlossen, weil die Türe klemmt (»Jetzt wollense auch noch, dass die Türe richtig zugeht« - ich kann mir mittlerweile ALLES vorstellen, was sich die Zehn-Prozent-Laune-Kassiererinnen denken.)
Und gibt es eigentlich viele Saunawitze? Bitte nicht googeln, stattdessen selber Saunawitze erfinden! Zum Beispiel so, also: Frauke Petry in der Sauna. Sie hat sich zu Pöbelzwecken »So schuf mich Gott und nicht Allah mit Burka« ins Gesicht tätowieren lassen und, quer über beide Brüste: »Es sind nackte Tatsachen«. In der Hand hält sie ein Fähnchen, auf dem steht: »Dampf ablassen tut der Seele des Deutshen Volkes gut« (extra falsch geschrieben, damit man sich drüber aufregt, denn jede Werbung ist gute Werbung! So denkt man heute leider und es funktioniert auch noch.). Dies alles sieht Saunameister Koffke. Kopfschüttelnd erklärt er unserer Politikerin: »Ja Frauke Petry, Meinungsfreiheit hin oder her, ick muss Sie jedoch aufgrund unserer Hausregeln der Sauna verweisen!« - »Wieso?«, echauffiert sich diese, in diebischer Vorfreude auf einen neuen Aufreger-Tweet. Darauf das Saunameister-Urgestein ganz cool: »Kein Scheiß aufs Holz.«
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