- Politik
- Proteste in Frankreich
Zehntausende stellen sich gegen Macrons Reform
Nach Unterzeichnung der Arbeitsrechtsreform brachten Gewerkschaften und Mélenchon viele Menschen auf die Straßen
In Paris haben Zehntausende Menschen gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform von Staatspräsident Emmanuel Macron protestiert. Anfängliche Bedenken wegen unterschiedlicher Protesttermine von Gewerkschaften einerseits und der parteiförmigen Linken andererseits hatten sich nicht bewahrheitet: Sowohl am Freitag als auch am Samstag zeigten viele Menschen ihren Unmut über die Verschärfung des »Arbeitsgesetzes« vom vergangenen Jahr.
Diese »Reform« nimmt die Gestalt von »ordonnances« an, also durch die Exekutive ausgearbeitete Verordnungen, die jedoch Gesetzeskraft aufweisen werden. Erforderlich ist dafür eine Genehmigung durch das Parlament, das vor dem Erscheinen der »ordonnances« und danach je einmal abstimmen muss.
Dabei diskutieren die Abgeordneten jedoch nicht über den Inhalt der »ordonnances«. Deren 159 Seiten Text waren am 31. August der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Vielmehr kommt es nur zu einer generellen Aussprache über die Frage, ob die Regierung den thematischen Rahmen einhielt.
Am Freitag nun unterzeichnete Präsident Macron die insgesamt fünf Verordnungstexte. Seine Unterschrift leistete er dabei als erstes französisches Staatsoberhaupt vor laufenden Kameras. Medienwirksam kündigte Emmanuel Macron ferner an, diese »ordonnances« sollten »sofort in Kraft treten«, nachdem seine Unterschrift im Gesetzesanzeiger veröffentlicht worden sei. Diese Publikation erfolgte nun am Samstag. Rechtlich einwandfrei ist Macrons Ankündigung jedoch nicht, denn die Regierung benötigt noch eine Zustimmung des Parlaments.
Die Debatte und Abstimmung dazu wurden inzwischen auf die Tage ab dem 20. November angesetzt. Macrons »Sofort«-Ankündigung sollte wohl vor allem von der Teilnahme an weiteren Protesten abhalten: Es bringe doch ohnehin nichts mehr.
Der linksnationalistische Abgeordnete sowie Ex-Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon rief dennoch für Samstag zum Protest – unter dem Motto »Marsch gegen den sozialen Staatsstreich!« Bei dem »Marsch« handelte es sich um eine Demonstration zwischen den Pariser Plätzen Bastille und République. Die Teilnehmer waren aus allen Landesteilen angereist. Auf dem kilometerlangen Boulevard Magenta standen die Reisebusse dicht an dicht aneinandergereiht. Zehntausende Menschen kamen dazu, laut Polizei waren es 30.000, laut Mélenchons Wahlbewegung La France insoumise (»Das widerspenstige Frankreich«) sogar 150.000.
Das lenkte davon ab, dass es im Vorfeld böses Blut gab, da die Gewerkschaften tendenziell Mélenchon vorwarfen, ihren Aktionstagen das Wasser abzugraben, um seine Partei zu profilieren. Denn ein Großteil der französischen Gewerkschaften (CGT, Solidaires, die Bildungsgewerkschaft FSU sowie Minderheiten in den weiter rechts stehenden Gewerkschaftsverbänden CFDT und FO) hatten ihrerseits am 12. und erneut am 21. September protestiert.
Mélenchon antwortete darauf in seiner Rede. Er sei bereit, sich hinter den Gewerkschaften aufzustellen. Und zwar, »wenn diese eine Initiative im Vorfeld der Parlamentsdebatte zur Arbeitsrechtsreform ergreifen«. Doch er wünsche sich für diesen Fall eine anspruchsvolle Initiative und nannte als Ziel »eine Million, die auf den Champs-Elysées demonstrieren«. Dort erteilt die Staatsmacht allerdings seit Jahrzehnten keine Demonstrationserlaubnis.
Unabhängig von der Ortswahl hat Mélenchon damit eine hohe Zielmarke angelegt. Sollten die Gewerkschaften darauf einsteigen, könnte der Protest vielleicht doch noch eine starke Dynamik entwickeln, die ihnen bislang eher fehlte.
Zusätzlich könnte Fahrt in die Proteste kommen, falls der am Montag beginnende Fernfahrerstreik – er richtet sich ebenfalls gegen die Arbeitsrechtsreform – durchschlägt.
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