Roboter vs. Wildschweine

Weil es keine echten Wölfe mehr gibt, bauen die Japaner künstliche zur Abschreckung

  • Susanne Steffen, Tokio
  • Lesedauer: 3 Min.

Statt der herkömmlichen Vogelscheuchen sollen in Japan künftig Roboter Wildtiere von Feldern fernhalten. Knapp 80 Jahre nachdem der Wolf in Japan ausgestorben ist, verlassen sich die Bauern auf die Künste eines jaulenden und knurrenden Hochtechnologiewolfs.

Das mit Fell überzogene vermeintliche Monster ist gerade einmal 50 Zentimeter hoch. Mit geöffnetem Maul starrt der Roboterwolf stoisch auf die Reisfelder, die sich vor ihm erstrecken. Auch aus gebührender Entfernung sind seine Reißzahnattrappen deutlich zu erkennen. Sobald sich ein Tier dem »Super-Monster« nähert, wie die Erfinder von der Agraruniversität Tokio und eines kleinen Präzisionsgeräteherstellers aus Japans nördlichster Insel Hokkaido ihren Wolf getauft haben, erwacht die Attrappe zum Leben.

Wenn seine eingebauten Infrarotsensoren dem Roboter ein sich näherndes Wildschwein oder Reh melden, fangen die LED-Augen des »Super-Monsters« an, rot zu leuchten und zu blinken. Gleichzeitig knurrt und jault der Roboter wie ein echter Wolf.

Mit bis zu 90 Dezibel Lautstärke, was etwa dem Fahrgeräusch eines Lastkraftwagens entspricht, ist das Geknurre in einem Umkreis von gut einem Quadratkilometer zu hören. Damit sich die Wildschweine nicht zu sehr an den Roboter gewöhnen und irgendwann merken, dass das auf den ersten Blick so furchteinflößende Monster sich nie von seinen Metallstelzen wegbewegt, haben die Entwickler ihrem Monster 50 verschiedene Geräusche eingepflanzt, die per Zufallsgenerator gewechselt werden.

Im Sommer hat der Agrarverband der von Wildschweinen besonders schwer geplagten Stadt Kisarazu vor den Toren Tokios das »Super-Monster« getestet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Zahl der gemeldeten Wildschweinübergriffe sei drastisch zurückgegangen, erklärte der Verband vor wenigen Tagen. »Seit wir den Wolf haben, haben wir auf unseren Feldern kein Wildschwein mehr gesehen«, kommentierte Verbandsvorstand Yoshio Yamaguchi. Wenn auch weitere Tests erfolgreich verlaufen, soll der Roboter dauerhaft zum Einsatz kommen.

Japans Bauern stöhnen seit langem über ausufernde Schäden durch Wildschweine, Bären und Rehe. Vor allem die Wildschweinpopulation ist in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen. Offiziellen Schätzungen zufolge leben heute allein auf der größten Hauptinsel Honshu 4,5 Millionen Wildschweine. Das sind 1,5 Millionen Tiere mehr als noch vor zehn Jahren. Seit der früher auch in Japan heimische Wolf nach Jahrzehnten der unkontrollierten Jagd in den 30er Jahren für ausgestorben erklärt wurde, fehlen natürliche Feinde, die die Populationen der potenziellen Feldräuber begrenzen würden.

Hinzu kommt, dass sich immer weniger junge Menschen für die Jagd interessieren. In vielen Landkreisen haben die Behörden bereits einen akuten Jägernotstand ausgerufen. Ein Ersatz für seine ausgestorbenen echten Kollegen oder auch nur für mangelnde menschliche Jäger ist der Wolfsroboter jedoch keinesfalls. »Wir haben zwar weniger Schäden zu beklagen, doch die Zahl der Wildschweine ist deshalb nicht geringer geworden. Wir brauchen dringend Maßnahmen, um die Population zu verringern«, forderte Bauer Kazuo Takeuchi, nachdem er den Roboter getestet hatte.

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