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Isolation der Saints endet
St. Helena, die Verbannungsinsel Napoleons, ist nun mit dem Flugzeug erreichbar
Die abgelegene Insel St. Helena, auf der einst der französische Kaiser Napoleon Bonaparte in der Verbannung starb, ist jetzt per Flugzeug mit dem Rest der Welt verbunden. Die erste Linienmaschine landete vor wenigen Tagen auf dem nagelneuen Flughafen der kleinen Vulkaninsel im Südatlantik. Gouverneurin Lisa Philips begrüßte die rund 60 Passagiere mit strahlendem Lächeln - sie hofft jetzt auf eine touristische und wirtschaftliche Entwicklung des Eilands.
Bislang war St. Helena nur mit dem Schiff erreichbar: Die »RMS St. Helena« brachte alle drei Wochen Post, Lebensmittel und Besucher auf die britische Insel, die etwa auf halber Strecke zwischen Afrika und Südamerika liegt. Rund 2000 Kilometer trennen die Insel von Angola, fast 3000 Kilometer von Brasilien. Fünf Tage dauert die Reise vom südafrikanischen Kapstadt aus. Und die Reisenden dürfen Wellen und Brandung nicht scheuen - vor St. Helena wird ausgebootet wie zu Zeiten Napoleons.Wer das Schiff dem Flugzeug vorzieht und noch mit der »RMS St. Helena« auf die Insel reisen will, muss sich beeilen: Der Dienst des Schiffes wird im Februar eingestellt.
Künftig geht der sechsstündige Linienflug einmal wöchentlich vom südafrikanischen Johannesburg zu der gerade einmal 122 Quadratkilometer großen Vulkaninsel. »Unsere Familie und unsere Freunde werden uns künftig besuchen kommen können«, freut sich Catherine Man, die einzige Tierärztin von St. Helena. Ein anderer Fluggast war Teddy Fowler, der zur Beerdigung seiner Mutter anreiste - mit dem Schiff wäre er nie rechtzeitig angekommen.
Der neue Flughafen »verbindet uns mit der Welt und öffnet uns der Welt«, sagte Niall O'Keeffe, der für die wirtschaftliche Entwicklung der Insel mit ihren nur 4500 Einwohnern verantwortlich ist. Er widersprach den Kritikern, die vom »nutzlosesten Flughafen der Welt« sprechen.
Um den Flughafen hatte es wegen der hohen Baukosten von 285 Millionen Pfund (318 Millionen Euro) heftige Kontroversen gegeben. Ihn überhaupt zu bauen, war eine technische Herausforderung: Um eine ebene Fläche für die Start- und Landebahn zu bekommen, mussten ein ganzer Berggipfel abgetragen und ein Tal aufgefüllt werden.
Für weitere Schwierigkeiten sorgten die heftigen Winde auf St. Helena. Die im vergangenen Jahr geplante feierliche Einweihung des Flughafens musste abgesagt werden, weil die Landung mit der ursprünglich für die Verbindung vorgesehenen Boeing 737 schwierig war. Nun fliegen kleinere Maschinen des brasilianischen Herstellers Embraer St. Helena an. Mit ihnen seien Landung und Start sicher, versichert Flughafenchefin Janet Lawrence nach einjährigen Tests.
Mit dem neuen Flughafen und den regelmäßigen Flugverbindungen will London nicht nur die Isolation der »Saints« beenden, wie die Einwohner der kleinen Insel genannt werden. Vor allem sollen ihnen neue Einkommensquellen erschlossen werden: Der Flughafen werde Touristen bringen »und uns erlauben, das Lebensniveau der Inselbewohner zu verbessern«, sagte Gouverneurin Philips. Derzeit liegt das Einkommen der Bewohner bei durchschnittlich nur 7280 Pfund im Jahr. Und London muss viel Geld überweisen: 2016 betrug die Finanzspritze 53,5 Millionen Pfund.
Ausbaufähig ist der Tourismus auf alle Fälle: Im vergangenen Jahr kamen nur 595 Touristen auf die Insel. Dabei hat St. Helena einiges zu bieten: Seltene Vögel, exotische Pflanzen, ein atemberaubendes Panorama auf karge Felsen - und Napoleons verhasste letzte Bleibe.
Allerdings ist die Reise nicht ganz billig: Mindestens 900 Euro kosten Hin- und Rückflug von und nach Johannesburg. »Das ist teurer als ein Flug nach London«, sagte die Südafrikanerin Jacqui Wilson, die sich das Geld für den in ihren Augen »historischen« Jungfernflug nach St. Helena zusammensparte. AFP/nd
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