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Streit um Lafontaines Erbe spitzt sich zu

Im saarländischen LINKE-Landesverband stehen sich zwei Gruppen unversöhnlich gegenüber. Inhaltliche Fragen spielen dabei kaum eine Rolle

  • Jörg Fischer, Saarbrücken
  • Lesedauer: 4 Min.

Im Saarland konzentriert sich Oskar Lafontaine auf seine Funktion als Landtagsfraktionschef in Saarbrücken. In die Querelen in seinem Landesverband mischt er sich schon seit Jahren nicht mehr ein - zumindest öffentlich. Ob der 74-Jährige die Hoffnung auf einen geregelten Übergang in der LINKEN aufgegeben hat oder ob er weiter im Hintergrund versucht, Strippen zu ziehen, ist offen?

Das ist auch jetzt so. Kurz vor der Bundestagwahl war es in dem seit einem Jahrzehnt schwelenden Konflikt vorübergehend ruhig geworden. Seitdem spitzt sich der parteiinterne Streit wieder zu. Ein Antrag auf Parteiausschluss folgt dem nächsten. Zwei Flügel stehen sich vor der Neuwahl des Vorstandes bei einem Landesparteitag am 25. November gegenüber. Im Groben sind das Gegner und Mitstreiter des Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze. Dabei geht es weniger um Inhaltliches, sondern hauptsächlich um Persönliches. »Im Saarland gibt es keine Reformer und Fundamentlisten wie in anderen Landesverbänden«, meint Lutze, seit Jahren einer der Hauptfiguren in dem Führungsstreit.

Gekämpft wird mit harten Bandagen - geht es doch um die Aufstellung der Partei für die Ära nach Lafontaine. Bei zurückliegenden Wahlen hat der populäre frühere Ministerpräsident dafür gesorgt, dass die Saar-LINKE zweistellige Ergebnisse erzielte. Den Anlass für gleich vier Anträge auf Parteiausschluss gab Mitte Oktober das Saarlouiser LINKE-Mitglied Melan Kolasniac, ein Mitarbeiter von Lutze, mit einem Eintrag im sozialen Netzwerk Facebook. Der hatte gepostet: »Bernd Riexinger Falsche hinterlistige Jude« (sic). Er hatte sich mit der Begründung entschuldigt, es handele sich um einen Tipp-Fehler oder möglicherweise um eine ungewollte Auto-Vervollständigung. Es habe »Judas« heißen sollen.

Die Empörung jüdischer Organisationen war groß. Der LINKE-Landesvorstand sowie drei Parteimitglieder, darunter der Landessschriftführer Adolf (»Addy«) Loch, beantragten den Parteiausschluss. »In der Partei DIE LINKE ist für antisemitische Äußerungen und antisemitisches Gedankengut kein Platz«, begründete der Landesvorstand seinen Antrag.

Loch und offenbar zwei andere Parteimitglieder beantragten in der Affäre gleich noch den Parteiausschluss von Lutze. Dieser habe sich nicht von seinem Mitarbeiter distanziert, begründete Loch, Erzfeind von Lutze. Er warf ihm »die aktive Unterstützung eines Antisemiten« vor. Lutze sagte dem »nd« am Freitag, auch er halte den Facebook-Eintrag für nicht akzeptabel. Er wolle aber Kolasinac bei einem Gespräch noch eine letzte Chance geben.

Gegen Loch läuft ebenfalls ein Parteiausschlussverfahren wegen parteischädigenden Verhaltens. Er war zusammen mit einem Mitstreiter bis vor das Oberlandesgericht gezogen, um die erneute Aufstellung von Lutze als Spitzenkandidat zur Bundestagswahl zu verhindern - wohl wissend, dass die saarländische LINKE wegen einer abgelaufenen Frist keine neuen Kandidaten mehr hätte aufstellen können. Der Vorwurf von Lutzes Kritikern: Dieser habe die Listenaufstellung manipuliert und »Stimmvieh« zum Parteitag herankarren lassen. Das Gericht erklärte sich Ende Juli allerdings für nicht zuständig und die Landeswahlleiterin ließ die Linkspartei trotz Magenschmerzen zum Urnengang am 26. September zu.

Die Landeschiedskommission hat im Oktober zwar den Ausschluss von Loch beschlossen, die angerufene Bundesschiedskommission aber noch nicht über seine Rechtmäßigkeit entschieden. Das Landesgremium muss auch über einen Antrag auf Ausschluss von Saar-Parteichefin Astrid Schramm entscheiden. Den hat ein Parteimitglied damit begründet, Schramm würde mit Lutze »kungeln«, was diese postwendend zurückwies.

Wann die Landesschiedskommission über die laufenden Anträge befindet, ist offen. Ihre Mitglieder dürften sich bis zum Abschluss eines Verfahrens nicht öffentlich über den Inhalt des Verfahrens äußern, erklärte das Gremium auf Anfrage des »nd«. Sein Vorsitzender Nikolaus Leo Staut gilt als Vertrauter von Lutze.

Beim Parteitag am 25. November könnte es in dem Machtkampf wieder mal zum Showdown kommen. Wer dann für die Parteispitze kandidiert, ist offen. Weder das eine noch das andere Lager wollte sich dazu bisher aus der Deckung wagen. Die amtierende Parteichefin Schramm macht laut der »Saarbrücker Zeitung« eine Kandidatur davon abhängig, »wer mit dabei ist«. Und Lutze will sich allenfalls für den Posten des Landesschatzmeisters wiederbewerben.

Auch offen ist, ob Lafontaine am 25. November versucht, in das Geschehen einzugreifen. »Ich würde mir das wünschen«, sagt Loch. Aber das sei allein »Oskars Entscheidung«. Denn, dass Lafontaine und sein ehemaliger Mitarbeiter Lutze schon lange nicht mehr Freunde sind, ist kein Geheimnis.

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