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- Finanzkrise in Venezuela
Ratingagentur: Venezuela teilweise zahlungsunfähig
Land kann Schulden internationaler Gläubiger nicht begleichen / EU verhängt Sanktionen gegen Regierung in Caracas
Washington. Als erste Ratingagentur hat Standard & Poor's Venezuela als teilweise zahlungsunfähig eingestuft. Das US-Unternehmen erklärte am Montag, es habe diese Entscheidung getroffen, nachdem eine Gnadenfrist zur Rückzahlung mehrerer Gläubiger-Forderungen in Millionenhöhe abgelaufen war. Derzeit beliefen sich die nicht gezahlten Obligationen auf 420 Millionen Dollar (360 Millionen Euro), so die Ratingagentur.
Standard & Poor's äußerte sich nach einer Konferenz mit internationalen Gläubigern des Landes in Venezuela, bei der am Montag über eine Umschuldung beraten werden sollte. Das Treffen in Caracas endete aber nach nur 25 Minuten ohne eine Einigung oder einen neuen Termin. Ein in New York tagender Gläubigerausschuss vertagte sich auf Dienstag.
Die Konferenz wurde von Vize-Präsident Tareck El Aissami geleitet. Er verlas eine Erklärung, in der er die Zahlungsschwierigkeiten seines Landes auf die US-Sanktionen zurückführte. Venezuela musste bis Montag Schulden in Milliardenhöhe zurückzahlen - ansonsten droht dem Land der Staatsbankrott. Etwa 70 Prozent der Anteilseigner venezolanischer Anleihen stammen Caracas zufolge aus den USA oder Kanada. Auch China und Russland halten größere Anteile.
Venezuela ist insgesamt mit geschätzten 155 Milliarden Dollar bei ausländischen Gläubigern verschuldet, obwohl es über die größten Erdölreserven der Welt verfügt. Die Devisenreserven sind auf weniger als zehn Milliarden Dollar zusammengeschmolzen.
Die Europäische Union hat derweil Sanktionen gegen die venezolanische Regierung verhängt. Die Außenminister der Mitgliedsstaaten beschlossen am Montag einstimmig ein Waffenembargo sowie die Vorbereitung von EU-Einreiseverboten und Vermögensperren für Venezolaner, die an der Verletzung demokratischer Grundprinzipien, der Rechtsstaatlichkeit oder von Menschenrechten beteiligt seien. Die EU wirft dem sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro eine Verletzung demokratischer Prinzipien und Grundsätze vor. Mit den Strafmaßnahmen soll vor allem der Export von Waffen und weiteren Materialien verhindert werden, die in dem südamerikanischen Staat zur Unterdrückung der Opposition eingesetzt werden könnten.
Mit den Sanktionen will die EU die Regierung von Staatschef Nicolás Maduro mit der Opposition an den Verhandlungstisch bringen. »Konstruktiver Dialog und Verhandlungen« seien »der einzig nachhaltige Weg, um die aktuelle Krise anzugehen«, erklärten die Minister. Die EU sei bereit, »glaubwürdige Verhandlungen aller wichtigen Akteure zu unterstützen«.
»Die EU ruft die Regierung dazu auf, die demokratische Legitimität unverzüglich wieder herzustellen (...)«, heißt es in dem Sanktionsbeschluss. Dazu gehörten auch freie und faire Wahlen. Maduro wird vorgeworfen, sein Land in eine Diktatur umwandeln zu wollen. Die umstrittene Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung im Juli wurde von Betrugsvorwürfen und blutigen Protesten überschattet. Bei Protesten gegen die Regierung kamen in diesem Jahr bereits über hundert Menschen ums Leben.
Die US-Regierung von Präsident Donald Trump verhängte deswegen bereits im Sommer Sanktionen. Vermögenswerte und Konten von Maduro in den USA wurden eingefroren, US-Bürgern sind Geschäfte mit dem Präsidenten verboten.
In Venezuela tobt seit Monaten ein Machtkampf zwischen der Regierung und der Mitte-rechts-Opposition. Mindestens 125 Menschen wurden bei den politischen Unruhen seit Anfang April getötet. Agenturen/nd
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