Insolvenzrecht für Venezuela
Martin Ling über das hoch verschuldete Erdölland
Die gute Nachricht ist: Der Staat Venezuela kann nicht pleitegehen. Die schlechte Nachricht ist: Das liegt an einem fehlenden Insolvenzrecht für Länder. Ein Staat kann zahlungsunfähig werden, weil er nicht mehr in der Lage ist, fristgemäß Zins- und Tilgungszahlungen zu leisten, umstrukturiert oder abgewickelt werden wie ein Unternehmen nach klaren rechtlichen Regelungen kann er nicht. Der Weg für einen geordneten Neuanfang ist versperrt. Griechenlands Linksregierung, die sich widerwillig dem Willen der Troika unterwarf, ist dafür ein besonders illustres Beispiel.
Venezuela ist fraglos klamm. Wie sollte das anders sein bei einem Land, dessen Deviseneinnahmen zu über 90 Prozent von Erdöl abhängen, einem Produkt, das sich seit 2014 in Niedrigpreisbereichen bewegt und Venezuela mit nach unten gezogen hat.
Ob Venezuela nun teilweise zahlungsunfähig ist, wie manche Ratingagenturen behaupten, oder nur teilweise zahlungsunwillig, aus Protest gegen eine vermutete Gläubigerverschwörung, ist unerheblich. Entscheidend ist, ein staatliches Insolvenzrecht ist mehr als überfällig: Ein solches Verfahren könnte einen gerechten Ausgleich zwischen dem Schuldnerland und seinen Gläubigern herstellen und die Interessen der betroffenen Bevölkerung wahren. Wie in jedem privaten Insolvenzverfahren wären auch hierbei die Investoren, die in Erwartung hoher Renditen investiert haben, angemessen an den Kosten für die Insolvenz beteiligt. Bisher zahlt die Bevölkerung die Zeche.
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