Absage an Schulausbaumäkler
Die Opposition kann sich bei einer Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus nicht durchsetzen
Die Stadt wächst. Das wissen alle. Entsprechend steigt der Druck auf die Mitte-links-Regierung, für eine notwendige Infrastruktur zu sorgen. Dass der Zustand der Schulen nicht der beste ist, ist auch hinlänglich bekannt. Seit Jahren gibt es einen Sanierungsstau, der von Rot-Rot-Grün mit einer sogenannten Schulausbauoffensive beantwortet wird. 5,5 Milliarden Euro sollen dafür innerhalb einer Dekade bereitgestellt werden, so hat es die Koalition bei ihrem Amtsantritt im vorigen Jahr vereinbart.
Wie nun aber der bis in die Nullerjahre zurückreichende Investitionsstau bei den Schulen effizient begegnet werden kann, darüber stritten die Fraktionen im Abgeordnetenhaus am Donnerstag in einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde. Die Liberalen verlangen mehr Tempo, fordern einen »Turboausbau« statt »Ping-Pong« bei den Zuständigkeiten, wie sie den derzeitigen Ausbau beschreiben.
Der FDP-Abgeordnete Paul Fresdorf sezierte die maroden Zustände an den Schulen und verwies auch auf die Spandauer Carlo-Schmid-Schule, an der in dieser Woche Schüler und Lehrer wegen baulicher Mängel mit Atemmaske und Bauhelmen demonstriert hatten. Seine Ausführungen kamen einer Fundamentalkritik gleich.
Unerwähnt ließ er jedoch die bereits gestartete Schulbauoffensive des Senats. In diesem Jahr wurden insgesamt 830 000 Euro zur Verfügung gestellt, wie Senatorin Sandra Scheeres (SPD) anmerkte. 15 000 Schulplätze seien unter Rot-Rot-Grün schon geschaffen worden. Nach einem Jahr wolle die FDP nun über einen »Turbo-Ausbau« diskutieren, wunderte sich Scheeres, als hätten die Liberalen selbst den Zeitpunkt für eine solche Debatte verpasst.
Doch die Unzufriedenheit über den Zustand an den Berliner Schulen ist unverändert groß. Der CDU-Abgeordnete Mario Czaja wies auf desolate Umfragewerte hin und rechtfertigte damit die Debatte. Er forderte insbesondere eine bessere Ausstattung der Ämter.
Die FDP schlug dagegen eine Zentralisierung der Verantwortung vor. Das Land soll sich demnach künftig alleine um den Schulausbau kümmern. Dafür solle eine »Infrastrukturgesellschaft Schule« gegründet werden, sagte Fresdorf. Angesichts des großen Investitionsbedarfs plädieren die Liberalen dafür, auch Fremdfinanzierungen bei Schulsanierungen zuzulassen.
Dies wiederum rief die Linkspartei auf den Plan: »Eine Privatisierung bedeutet eine Entmachtung der Schulen. Das wird es mit uns nicht geben«, stellte Regina Kittler klar.
Die Regierungsparteien ließen keinen Zweifel daran, dass sie an ihrem Konzept festhalten werden. Sie sehen keine Notwendigkeit dafür, die Bezirke komplett von den Sanierungen zu entlasten. Erst bei anfallenden Kosten von mehr als zehn Millionen Euro springe das Land mit der Wohnungsbaugesellschaft Howoge ein, erläuterte die SPD-Abgeordnete Maja Lasić. Ohnehin hätten die Bezirke mit der Schaffung von drei Regionalverbünden und einer gemeinsamen Geschäftsstelle einen eigenen Weg beim Schulausbau eingeschlagen - um die Zusammenarbeit bei den Baumaßnahmen zu verbessern und die Hochbauämter der Bezirke zu entlasten. Kittler sieht auch bei den Bezirken eine Aufbruchstimmung.
Die braucht es auch. Die Prognosen besagen nämlich, dass im kommenden Jahrzehnt rund 80 000 neue Schulplätze benötigt werden. Unlängst hat der Senat noch einmal die Zahl der in den nächsten vier Jahren zu bauenden Schulen erhöht. Senatorin Scheeres geht aktuell von 52 Schulen aus, die bis 2021 entstehen sollen. Außerdem werden 67 Schulen entweder erweitert oder saniert.
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