Möckern & Co. verlieren in Karlsruhe
Gesetz zu Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt rechtens
Städten und Gemeinden in Sachsen-Anhalt durfte durch das Land die Zuständigkeit für die Kinderbetreuung entzogen werden. Eine Neuregelung von 2013, mit der die Verantwortung an die Landkreise überging, wurde vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe jetzt bestätigt. Gegen den Entzug der Aufgabe hatten zunächst 63 der 122 Gemeinden in Sachsen-Anhalt vor dem Verfassungsgericht des Landes geklagt; sie sähen sich, wie ein Anwalt damals formulierte, auf eine Rolle als »Zahlmeister« reduziert. Dort gab es im Oktober 2015 aber eine Niederlage.
Acht Gemeinden, darunter Möckern, Arendsee und Zerbst, riefen danach das höchste deutsche Gericht an, wo im April verhandelt worden war. Jetzt urteilten die Richter, die Aufgabenübertragung sei zwar ein »Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie«. Weil Gemeinden aber weiter Kitas betreiben und den Bedarf dafür planen könnten und der Bau neuer Einrichtung nicht über ihre Köpfe hinweg erfolgen dürfe, sei die Regelung »gerechtfertigt und verhältnismäßig«.
Die Landespolitik hatte das Urteil dringend erwartet. Ohne die Entscheidung aus Karlsruhe hatte man das Gesetz zur Kinderbetreuung (Kifög) nicht ändern wollen. Zugleich bleibt für Korrekturen bei der Finanzierung, wie sie das Landesverfassungsgericht vor 25 Monaten verlangt hatte, kaum noch Zeit: Die von den Dessauer Richtern gesetzte Frist läuft Ende 2017 ab. Eine im Oktober eingebrachte Novelle muss also den Landtag im Dezember unbedingt passieren.
Es handelt sich indes nur um einen ersten Schritt. Die Koalition aus CDU, SPD und Grünen will das Kifög gründlich überarbeiten, hat sich aber im Sommer entschlossen, das in zwei Etappen zu tun. Die jetzt anstehende »kleine Novelle« soll den Kommunen, wie es das Verfassungsgericht verlangte, zunächst zu mehr Geld verhelfen. Unter anderem hatte sich die Berechnung der vom Land gezahlten Pauschalen als fehlerhaft erwiesen. Die Regierung versprach ein Plus von 30 bis 35 Millionen Euro. Die LINKE spricht freilich inzwischen vom »großen Kifög-Bluff«. Sie moniert, das Land enthalte den Kommunen gleichzeitig 23 Millionen Euro an Betreuungsgeld vom Bund vor. Weitere 7,5 Millionen Euro würden von Tarifsteigerungen aufgefressen. Um kommunale Haushalte zu entlasten oder die Beiträge der Eltern zu senken, blieben unterm Strich nur rund sechs Millionen Euro, was bei 145 000 Kindern einem Betrag von gerade einmal 3,35 Euro je Monat und Kind entspreche. Das seien, sagt die Linksabgeordnete Monika Hohmann, nur noch »kosmetische Korrekturen«.
Eine große Novelle des Gesetzes ist dann für 2018 geplant. Sie gehört zu den wichtigsten Vorhaben der sogenannten Kenia-Koalition - innerhalb derer es freilich recht unterschiedliche Vorstellungen dazu gibt, was erreicht werden soll: eine finanzielle Entlastung der Eltern aller Kinder; Beitragsfreiheit für das letzte Jahr in der Kita; Verbesserung der Qualität oder des Betreuungsschlüssels? Die Verhandlungen dürften alles andere als einfach werden. Als Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) mitten im Bundestags-Wahlkampf mit einer Vorlage vorpreschte, zürnte die CDU. Diese will ihre Forderungen am 29. November auf einer Klausur beraten. Zuletzt hatte sich der Rechnungshof des Landes in die Debatte eingemischt. Er sieht große »Umsetzungsprobleme« bei den bisher vom Land gezahlten Pauschalen und empfiehlt die Überarbeitung. Zugleich betonte er im September, die Verbesserung der Qualität sei wichtiger als die finanzielle Entlastung der Eltern.
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