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Ein unerhörtes Ereignis

Philipp Hanke berichtet über den Sklavenaufstand in Haiti

  • Johannes Tesfai
  • Lesedauer: 3 Min.

1791 rief Robespierre der französischen Nationalversammlung zu: »Sollen die Kolonien doch untergehen, wenn ihre Erhaltung uns unser Glück, unseren Ruhm, unsere Freiheit kostet.« In diesem Jahr brach in der reichsten Kolonie Frankreichs, Saint-Domingue, ein Aufstand aus. Beeinflusst durch die Revolution im sogenannten Mutterland griffen die dort lebenden afrikanischen Sklaven zu den Waffen und behaupteten sich in einem zehnjährigen Krieg gegen französische und englische Truppen sowie wider die mehrheitliche Befürwortung der Pariser Abgeordneten zum Erhalt der karibischen Kolonie. Das Land nannte sich später Haiti, schaffte die Sklaverei ab und war der zweite unabhängige Staat Amerikas. Darüber berichtet Philipp Hanke sachkundig und anschaulich.

Philipp Hanke: Revolution in Haiti. Vom Sklavenaufstand zur Unabhängigkeit.
PapyRossa, 158 S., br., 13,90 €.

Die Haitianische Revolution war ein unerhörtes Ereignis. Die ertragreiche Plantagenwirtschaft der Kolonie hatte viele Franzosen zu reichen Männern gemacht. Für sie war es ein Schock, als die von ihnen als ihr Eigentum betrachteten Menschen gegen sie rebellierten. Sie wollten und konnten nicht glauben, dass es sich um eine geplante Aktion handelte. Unerhört ist die Selbstbefreiung der Sklaven bis heute. In vielen Büchern zur Französischen Revolution wird sie nicht erwähnt, obwohl an ihrer Bekämpfung namhafte Persönlichkeiten wie Napoleon beteiligt waren. Deutschsprachige Literatur zum Thema gibt es kaum. Mit »Die schwarzen Jakobiner« hat der marxistische Theoretiker C .L. R. James zwar ein Standardwerk veröffentlicht, die deutsche Übersetzung ist jedoch seit vielen Jahren nicht mehr erhältlich.

Zu Beginn des Aufstandes konnte die Situation für die Sklaven nicht schlechter sein. Unterschiedliche soziale Gruppen und Großmächte versuchten ihre jeweils eigenen Interessen durchzusetzen: Spanier, Briten, arme und reiche Franzosen, Sklaven und Kreolen. Bündnisse bildeten sich und zerfielen ebenso schnell, wie sie geschmiedet worden sind. Der Sklavenaufstand geriet zu einem globalen Ereignis, allein durch seine antirassistische Stoßrichtung, gemäß dem Geist der Französischen Revolution: Alle Menschen sind gleich. Die Universalisierung des Gebots nennt Hanke das wichtigste Ergebnis des Aufstandes. Die Sklaven von Haiti halfen, die Tür zu einem neuen Zeitalter aufzustoßen.

Revolutionen haben historisch immer zur Glorifizierung vermeintlich großer Männer eingeladen. Auf Haiti gab es einen schwarzen Spartakus: Toussaint Louverture. Der ehemalige Sklave avancierte im Bürgerkrieg zum General. Vielen gilt er als die entscheidende Figur beim Aufstand gegen die Kolonialherren. Hanke ist es hoch anzurechnen, dass er nicht nur ihn im Blick hat, sondern auch dessen Mitkämpfer würdigt und die Rolle der Frauen während der Unabhängigkeitsbewegung und der Abschaffung der Sklaverei herausstellt. Napoleon erlitt mit seiner Invasionsarmee gegen die Aufständischen von Haiti seine erste große Niederlage. 1805 gaben sich die freien Haitianer eine Verfassung, die Menschenrechte für alle kodifizierte. Der französische Staat verzieh den ehemaligen Sklaven ihren Sieg lange nicht. Die Haitianer mussten für ihren Sieg Reparationen zahlen!

Es war wohl die Angst der Kolonialherren vor Nachahmung, die den Sklavenaufstand von Haiti aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängte. Umso verdienstvoller, dass Philipp Hanke die vergessene Revolution in Erinnerung ruft.

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