- Politik
- Der Papst in Myanmar
Überhebliche Anschuldigungen
Alexander Isele findet die Empörung über Franziskus falsch
Was ist Papst Franziskus nicht kritisiert worden auf seiner Reise nach Myanmar und Bangladesh. Er habe seine moralische Integrität und Autorität verloren, weil er den Begriff »Rohingya« nicht verwendet habe und kein Flüchtlingslager besuchte, warfen ihm Medien und Menschenrechtsorganisationen vor. Dabei hatten ihn die Vertreter der katholischen Kirche in Myanmar explizit gebeten, dies zu unterlassen. Vertreter der Bischofskonferenz des Landes legten nahe, dass Berichte über ethnische Säuberungen in Rakhine nicht vertrauenswürdig seien.
Franziskus hat in Myanmar das Wort Rohingya öffentlich nicht in den Mund genommen. In den Gesprächen mit Militär und Regierungsvertretern die Situation aber angesprochen, ließ sein Sprecher durchblicken. In Bangladesh traf er sich mit Rohingya-Flüchtlingen.
Es ist die moralische Empörung der Besserwisser, die Menschen erst zu Heiligen erklären, um sie dann bei der ersten nichtgenehmen Handlung zu verdammen. Vor dem Papst geschah das in Myanmar auch Aung San Suu Kyi, die sich um eine Lösung des komplexen Konflikts bemüht und deren Möglichkeiten dazu, genau wie die von Franziskus, völlig falsch eingeschätzt werden.
Eine Auseinadersetzung mit dem Thema, dessen Schwierigkeiten, den Lösungsansätzen und -versuchen, findet so nicht statt. Stattdessen werden Steine in den Weg gelegt. Wo moralisiert wird, verengen sich Spielräume, wird Austausch unmöglich. Vor den Kulissen genau wie dahinter.
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