- Berlin
- Hass auf Juden
Plädoyer für Antisemitismusbeauftragten
Schaffung des neuen Postens in der zukünftigen Bundesregierung soll helfen, stärker gegen Judenhass vorzugehen
Die Jüdische Gemeinde in Berlin fordert einen Antisemtismusbeauftragten in der nächsten Bundesregierung. »Die Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten wäre ein positives Zeichen an die hier lebenden Juden, dass ihre Sorgen ernst genommen werden«, sagte Sigmount Königsberg, Antisemtisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde, gegenüber »nd«.
Nach dem Vorbild seines eigenen Amtes müsse es Hauptaufgabe des Antisemitismusbeauftragten sein, die Bemühungen im Kampf gegen Antisemitismus zu koordinieren und eine dauerhafte Förderung der Präventionsarbeit zu sichern, sagte Königsberg. Zusätzlich solle der Beauftragte eine Bund-Länder-Kommission leiten, welche die Maßnahmen zusammenbringe. »Gerade in der Aus-und Weiterbildung von Lehrern sehen wir dringenden Handlungsbedarf«, erläuterte Königsberg.
Nach den israelfeindlichen Protesten der letzten Wochen ist in Deutschland eine neue Debatte über Antisemitismus entbrannt. Bei Demonstranten vor dem Brandenburger Tor und in Neukölln hatten Demonstranten aus Wut über die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, judenfeindliche Slogans skandiert und Israelfahnen verbrannt. Politiker und Verbände wie der Zentralrat der Juden in Deutschland hatten daraufhin Gesetzesverschärfungen gefordert, um derartige Hass-Demonstrationen schneller verbieten zu können.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte sich für die Einsetzung eines Antisemtismusbeauftragten ausgesprochen. Eine Forderung, die der Zentralrat schon seit Längerem vertritt. »Nicht nur aufgrund der jüngsten Vorfälle halte ich es für richtig, einen Antisemitismusbeauftragten einzusetzen«, hatte de Maizière in einem Interview gesagt.
Die »Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus« (KiGA) hält die Schaffung eines solchen Postens für sinnvoll. »Deutschland braucht dringend einen Antisemtismusbeauftragten«, sagte der KiGA-Vorsitzende Dervis Hizarci. Entscheidend sei, dass diese Person lösungsorientiert arbeite und nicht einfach nur als Problematisierer auftrete. »Wir brauchen eine Person, die als Sprachrohr der Sache dient. Und die Sache ist, Antisemitismus effektiv und nachhaltig jeglichen Nährboden zu entziehen«, forderte Hizarci.
Die Idee des Antisemitismusbeauftragten geht auf den von der Bundesregierung eingesetzten »Unabhängigen Expertenkreis Antisemitismus« zurück. Dieser hatte in seinem Abschlussbericht im April diesen Jahres festgestellt, dass sich jüdische Menschen aufgrund antisemitischer Erfahrungen im Alltag häufig nicht mehr sicher fühlten. Um dem zunehmend auch im Internet grassierenden Judenhass zu begegnen, hatte das Gremium die Schaffung des Amts des Antisemitismusbeauftragten auf Bundesebene empfohlen.
»Der Beauftragte wäre ein wichtiger Ansprechpartner für Regierungsstellen und die jüdische Gemeinschaft«, sagte Deidre Berger, Vorsitzende des American Jewish Committee. Das Amt sei zentral, um die Forderungen des Expertenkreises umzusetzen. Armin Langer von der Berliner Salaam-Schalom Initiative sieht es kritisch. »Wir brauchen keine weiteren Funktionäre, sondern mehr engagierte Bürger, die sich Ort einbringen«, sagte er. Er wünsche sich eine bessere Förderung von Begegnungsprojekten und Bildungsinitiativen gegen Judenhass.
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