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- Dietmar Woidke über die GroKo
»Am Ende müssen die SPD-Mitglieder entscheiden«
Brandenburgs SPD-Regierungschef Dietmar Woidke hält eine Neuauflage einer großen Koalition im Bund für sehr schwierig
Gleich nach der Bundestagswahl hatte die SPD einer großen Koalition eine Absage erteilt, jetzt starten Sondierungen. War die Absage am Wahlabend ein Fehler?
Ich glaube, dass die Entscheidung aus der damaligen Sicht richtig war. Die an der großen Koalition beteiligten Parteien haben zusammen mehr als 14 Prozentpunkte verloren und der rechte Rand ist gestärkt worden. Die alten Aussagen gelten ja weiter: Große Koalitionen sollten immer das letzte Mittel sein, weil eine der großen Volksparteien immer als Oppositionsführerin im Bundestag für Alternativen zuständig sein sollte.
Nun starten aber nach dem Aus in den Jamaika-Verhandlungen doch Sondierungen?
Jamaika ist gescheitert. Damit ist auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrem Versuch gescheitert, aus diesen Parteien eine regierungsfähige Mehrheit zu schmieden. Interessant ist, dass Merkel ausgerechnet an ihrem ehemaligen Wunschpartner FDP gescheitert ist. Daher haben wir uns jetzt entschieden, in Gespräche zu gehen. Diese Gespräche werden ergebnisoffen geführt.
Wie schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass es zu einer erneuten großen Koalition kommt?
50 zu 50. Es wird in der SPD schwierig sein, eine Mehrheit für eine erneute Koalition mit der Union zu finden - außer, es gibt eine klare sozialdemokratische Handschrift, nicht nur in den Sondierungen, sondern dann auch im späteren Koalitionsvertrag.
Was sind die Hürden?
Ich halte mich mit roten Linien zurück. Dagegen ziehen CDU/CSU ja schon jede Menge Linien. Aber je mehr Linien da gezogen werden, umso unwahrscheinlicher wird eine große Koalition. Insgesamt sehe ich momentan wenig Bereitschaft bei der Union, Dinge anzugehen, die dringend notwendig sind für unser Land. Das geht los bei der Bildungspolitik - etwa der Beitragsfreiheit bei den Kitas, über die Bürgerversicherung bis zum Rentenkonzept und der Kinderarmut. Ich bin von Haus aus Optimist, aber einige Äußerungen lassen mich da eher pessimistisch sein.
Dann lieber eine Minderheitsregierung?
Ich bin auch zurückhaltend, was die Beurteilung einer Minderheitsregierung betrifft. Ich kann mir zwar alle möglichen Geschichten vorstellen, aber eine Zusammenarbeit wird voraussetzen, dass die Themen der SPD eine zentrale Rolle einnehmen.
Ist die SPD jetzt personell richtig aufgestellt, mit Martin Schulz als gescheitertem Kanzlerkandidat an der Spitze?
Ich glaube, dass die SPD gut damit gefahren ist, nicht ständig ihr Führungspersonal in Frage zu stellen. Martin Schulz halte ich für einen guten Parteivorsitzenden, der in einer schwierigen Situation bereit ist, die Partei zu führen. Die SPD muss Politik für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und sozial Schwache machen. Das ist die Aufgabe der SPD. Es gibt also keine personellen Fragen, die wir diskutieren müssen, sondern inhaltliche. dpa
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