In der Natur der Sache
DGB lobt gute Kooperation mit der LINKEN
Manch ein linkes Gewerkschaftsmitglied wusste nicht: Soll es sich mehr ärgern über die vertraute Anrede oder über die Lobhudelei für das Sondierungspapier? »Liebe Genossinnen und Genossen«, hatte DGB-Chef Reiner Hoffmann die SPD-Delegierten bei ihrem GroKo-Parteitag in Bonn begrüßt und die Worte der »lieben Malu« Dreyer nachdrücklich unterstrichen: Dieses Sondierungspapier enthalte »mehr Substanz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Lande als das, was Jamaika jemals hinbekommen hätte«, so Hoffmann - privat wie die meisten Gewerkschaftsvorstände SPD-Mitglied, aber eben zugleich Kopf einer Einheitsgewerkschaft, die sich als überparteilich versteht. Unter linken Gewerkschaftern wird deshalb gewettert, so etwas müsste man sich mit Linksparteibuch einmal erlauben - dann wäre der Aufschrei groß.
Am Montag nun waren die LINKEN-Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger zu Gast beim DGB-Bundesvorstand. Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union waren eines der Themen des Treffens, bei dem nach den Worten Hoffmanns über die »Fortsetzung der guten Kooperation der letzten Jahre« gesprochen wurde. Grundsatzdiskussionen werden hier nicht geführt - im Anschluss zeigten sich beide Seiten denn auch betont entspannt; von »Differenzen«, die »naturgemäß« bestehen und unterschiedlichen Rollen war die Rede. Dass die LINKE die laufenden Verhandlungen kritischer bewerte als der DGB, liege »in der Natur der Sache«, so Riexinger.
Ansonsten sehen DGB und Linkspartei viele Übereinstimmungen, »nicht in allen Details, aber in der Richtung«, sagt Hoffmann. Gemeinsam treibe sie die Frage um, wie es gelingen kann, den Vormarsch der Rechtspopulisten zu stoppen. Einig ist man sich, dass die Verbesserung der sozialen Lage in Deutschland dafür zentral sei. So müsse der Niedriglohnsektor zurückgedrängt werden, wofür die Rückkehr von Unternehmen in die Tarifbindung nötig sei. Aus Sicht der LINKEN ist es Aufgabe der Politik, die Gewerkschaften dabei zu unterstützen. Bei den bislang bekannten Verabredungen der Koalitionspartner in spe sind Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung zur Enttäuschung der Gewerkschaften jedoch nicht vorgesehen.
An einem Strang ziehen DGB und LINKE auch bei der Forderung nach höheren Investitionen in Bildung, Wohnen und Pflege, was nicht ohne Umverteilung von Reichtum möglich sei, wie Hoffmann und Riexinger betonen. Geteilt wird auch die Sorge um die Zukunft Europas. Hier habe man »viel Übereinstimmung« festgestellt, so der DGB-Chef.
Die LINKE begrüßt ihrerseits die Kämpfe um Arbeitszeitverkürzung, wie sie derzeit in verschiedenen Facetten von Gewerkschaften geführt werden, und verspricht, bei der drohenden Öffnung der Arbeitszeitgesetze im Bundestag »Druck zu machen«.
Das Engagement der LINKEN trägt Früchte. Auf lokaler und regionaler Ebene sind in den letzten Jahren die Kontakte gewachsen. Betriebsräte, Geschäftsführer und Bevollmächtigte von Gewerkschaften sind Mitglieder der Partei. In vielen Bündnissen sind die Linkspartei und Gewerkschaften gemeinsam aktiv. In den Kämpfen gegen Rassismus zeigen sich »gemeinsam geteilte Werte und Praxis«, stellt Kipping fest.
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