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Curler bringt IOC in Bedrängnis
Ein russischer Dopingfall zerstört die Argumentation des vorolympischen Testprogramms
Eve Muirhead brachte es auf den Punkt. «Nach allem, was in Sotschi passiert ist, hätte man denken können, sie hätten ihre Lektion gelernt. Aber unglücklicherweise ist da nicht so», sagte die schottische Curlerin am Dienstag. Dass der erste russische Dopingfall der Olympischen Spiele von Pyeongchang ihre Sportart traf, hatte sie ebenso überrascht wie wütend zurückgelassen. «Das ist alles sehr frustrierend», sagte sie der BBC.
Alexander Kruschelnizki war laut Nachrichtenagentur AFP zwei Mal positiv auf Meldonium getestet worden, ein in Osteuropa weit verbreitetes Herzmedikament, das nach Ansicht der Welt-Antidoping-Agentur WADA Blutversorgung und Ausdauer verbessert und daher 2016 auf die Verbotsliste gesetzt wurde. Das russische Olympische Komitee (ROK) meldete am Dienstag, dass auch die B-Probe positiv ausfiel.
Der 25-Jährige aus St. Petersburg streitet Doping ab. Im vorolympischen Trainingslager müsse ihm jemand in Japan die Substanz in sein Getränk gemischt haben, vermutete er am Montag. Da Sportler selbst dafür verantwortlich sind, was in ihren Körper gelangt, müsste der Russe die Kontaminierung nachweisen, um vom Dopingvorwurf freigesprochen zu werden.
Die Tragweite des Falls geht weiter über den Curler hinaus, der im Mixed-Doppel in Pyeongchang gemeinsam mit seiner Frau Anastassija Brysgalowa Bronze gewonnen hatte. Nach dem Skandal um vertauschte und manipulierte Dopingproben bei den Winterspielen in Sotschi 2014 war das ROK suspendiert worden. Nur vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) handverlesene Athleten wurden nach Südkorea eingeladen, wo sie unter neutraler Flagge starten. Sie stehen unter besonderer Beobachtung. Nur bei vorbildlichem Benehmen könnte die Suspendierung aufgehoben werden, so dass bei der Abschlussfeier am Sonntag wieder die russische Fahne ins Stadion getragen werden darf. Einen Tag vorher will die IOC-Exekutive entscheiden.
Schon vor der positiven Probe kritisierten viele Beobachter die Möglichkeit dieser Begnadigung im Angesicht dessen, dass Russland noch immer abstreitet, ein staatlich gelenktes Dopingsystem betrieben zu haben. Die IOC-Führung unter Präsident Thomas Bach soll sie trotzdem präferiert haben. Sogar die russische Teamkleidung in den Nationalfarben soll schon bereitliegen, heißt es. Der neue Dopingfall bringt das IOC nun aber zusätzlich in Bedrängnis, zumal Russland auch die 15 Millionen US-Dollar Strafe noch nicht überwiesen hat, zu der das Land im Zuge der Suspendierung verurteilt worden war. «Bei der Entscheidung wird die IOC-Einladungsgruppe das Verhalten des gesamten Teams und andere Aspekte berücksichtigen», sagte IOC-Sprecher Mark Adams am Dienstag. «Sie prüft, ob Sinn und Wort unserer Vorgaben eingehalten werden. Und dabei betrachtet sie die gesamten Spiele.» Das kann alles und nichts bedeuten: Entweder ist ein Dopingfall schon einer zu viel. Oder eine Mannschaft sollte nicht wegen eines einzelnen Falls komplett bestraft werden. Gewissheit gibt es wohl erst am Wochenende.
Für Russland ist es ein weiterer Imageschaden - ebenso für das IOC. Beide hatten behauptet, nur saubere Athleten würden in Südkorea starten. Kruschelnizki hatte nach IOC-Vorgaben mehrere Dopingtests vor den Spielen absolvieren müssen, obgleich weiterhin Informationen darüber fehlen, ob unangekündigt im Training getestet wurde oder ob Blut- und Urinproben genommen wurden. IOC-Sprecher Adams versuchte, die Schuld an andere weiterzureichen. «Ob ordentlich getestet wurde, müssen sie die Antidoping-Agenturen aus Dänemark, Kanada, Japan, Großbritannien und den USA fragen. Die haben die vorolympischen Tests beaufsichtigt. So ganz richtig ist das nicht. Die NADAs mögen die Tests durchgeführt haben, die Aufträge und Vorgaben, was, wann und wie getestet wird, stammten vom IOC. In jedem Fall zerfällt nun die ohnehin wacklige Versicherung, dass überhaupt festgestellt werden kann, wer sauber ist, denn negative Dopingtests sind nie ein Beweis dafür. Die positiven beweisen lediglich, wer nicht sauber ist.
Währenddessen meldete sich der Norweger Magnus Nedregotten zu Wort. Er hatte mit Partnerin Kristin Sasklien im Spiel um Bronze gegen Kruschelnizki verloren. »Als ich vom positiven Test hörte, war ich sauer. Wir haben so hart gekämpft. Jetzt zu erfahren, dass wir vielleicht betrogen wurden, fühlt sich schrecklich an« , so Nedregotten. Sollte Kruschelnizki schuldig sein, sei es nur sehr schwer zu verkraften, dass ihm und seiner Partnerin der Moment im Rampenlicht geraubt wurde. Bewusstes Doping hält der Norweger jedenfalls auch im Curling für erklärbar. »Speziell im Mixed-Doppel müssen wir Männer fast jeden Stein wischen. Der Spielplan war auch sehr eng, so dass ich zum Turnierende ziemlich erschöpft war«, so Nedregotten. Das russische Team hatte zudem sein Halbfinale erst spät am Abend verloren und musste dann am nächsten Morgen schon wieder gegen die Norweger ran.
Die Enttäuschung über das verlorene kleine Finale lasse sich nicht mehr ändern: »Im Sport geht es um den Moment«, sagte der 27-Jährige in Gangneung. Trotzdem würde er im Fall der Fälle gern noch während der Olympischen Spiele seine Medaille bekommen, wünscht sich Nedregotten. »Das wäre besser als irgendwann in einem Jahr.«
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