Institutioneller Rassismus

Marie Frank über die Ausgabekriterien der Tafel

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

»Unser Kriterium bei der Abgabe ist immer die Bedürftigkeit der Menschen, nicht deren Nationalität«, stellt die Berliner Tafel klar. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist es in Zeiten des erstarkenden Rechtspopulismus offenbar nicht mehr. Zumindest nicht für die Essener Tafel. Einen »ungewöhnlichen Schritt« nennt die Nachrichtenagentur epd deren Entscheidung, kein Essen mehr an MigrantInnen zu verteilen.

Wohl eher ein rassistischer Schritt; die Verteilung von Lebensmitteln an Bedürftige an die Nationalität zu knüpfen, ist schlicht diskriminierend und menschenverachtend. Die dahinterstehende Logik ist zudem zutiefst besorgniserregend. Was ist der nächste Schritt? Werden die Menschen an den Ausgabestellen der Tafeln demnächst auch nach Geschlecht, sexueller Identität, Religion oder Behinderung gefragt und müssen befürchten, aufgrund dessen nicht mehr bedient zu werden?

Das Vorgehen der Essener Tafel erinnert unangenehm an die Aktion der Neonazi-Partei »Der Dritte Weg«, die im Januar im sächsischen Plauen unter dem Titel »Deutsche Winterhilfe« Kleidung, Spielzeug und andere Sachspenden an Bedürftige verteilte. Allerdings nur an Deutsche. Der Aufschrei war groß, zu groß war die Ähnlichkeit zum »Winterhilfswerk des Deutschen Volkes«, das zur Zeit des Nationalsozialismus Juden und Menschen mit vermeintlichen Erbkrankheiten von seinen Hilfsaktionen ausschloss, um nur die »erblich wertvollen Schichten« des Volkes zu fördern.

Nun muss man dem Vorsitzenden der Essener Tafel, Jörg Sartor, kein derartiges Gedankengut unterstellen. Trotzdem muss er sich die Frage gefallen lassen, warum er, statt sich für die migrantischen Bedürftigen starkzumachen, zu rassistischen Maßnahmen greift. Denn dass der Anteil von MigrantInnen, insbesondere von Flüchtlingen, unter Tafel-KundInnen in den vergangenen Jahren gestiegen ist, sollte durchaus ein Grund zur Besorgnis sein. Aber nicht aus Rücksicht auf die deutschen KundInnen, sondern weil man sich fragen muss, was strukturell falsch läuft, dass überhaupt so viele Flüchtlinge auf die Tafel angewiesen sind.

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