Ohrfeige für die spanische Justiz

Martin Ling über die Freilassung von Carles Puigdemont

Es ist eine schallende Ohrfeige für die spanische Justiz. Das Oberlandesgericht Schleswig hält den von Spaniens Richter Pablo Llarena erhobenen zentralen Vorwurf der Rebellion gegen Carles Puigdemont für gegenstandslos: Der in Betracht kommende Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt, weil es an dem Merkmal der »Gewalt« fehle.

Damit ist der spanische Plan, mit dem Strafrecht ein politisches Problem ad acta legen zu wollen, durchkreuzt – auch im Falle einer Auslieferung des ehemaligen katalanischen Präsidenten wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von öffentlichen Geldern für ein nach spanischem Recht illegales einseitiges Unabhängigkeitsreferendum.

Öffentlich verweist die rechte spanische Regierung unter Mariano Rajoy auf die Unabhängigkeit der Justiz, die es auch in Deutschland zu respektieren gelte. Die Enttäuschung darüber, dass sich die deutsche Justiz nicht als willfähriger Helfer erwiesen hat, kann sie indes kaum verbergen.

Mit ihrer Rechtsauffassung steht Spaniens Regierung und Justiz in der Europäischen Union offenbar auf verlorenem Posten – ob in Deutschland oder Belgien. Indes sitzen wegen des Vorwurfs der Rebellion in Spanien seit Monaten mehrere katalanische Politiker in Untersuchungshaft. Madrid wäre klug beraten, dem Oberlandesgericht Schleswig zu folgen, diese Politiker unter Auflagen freizulassen und auf Dialog anstelle des Strafrechts zu setzen. Die Erfahrung lehrt indes: Madrid neigt zur Beratungsresistenz.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.