Jeder Krebs-Patient ein Ich für sich
Wie klassische Homöopathie in Kombination mit konventioneller Medizin Besserung schafft
Das Buch sei doch eher für Ärzte gedacht, hieß es im Verlag. Dass »neues deutschland« eine hochgebildete Leserschaft hat, auch Ärzte natürlich, wandte ich ein. Außerdem: Wer von einer Krebsdiagnose betroffen ist - und das sind mehr Leute, als man denkt -, dürfte alle Möglichkeiten ausschöpfen wollen, die es für eine Verbesserung ihrer, seiner Lage gibt. Und den Verfassern - drei Ärzten mit langjährigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Onkologie - ist ein durchaus allgemeinverständliches Buch gelungen.
Allerdings ist es in der Tat keiner jener Homöopathie-Ratgeber, wie sie schon zahlreich auf dem deutschen Buchmarkt vorhanden sind, weil immer mehr Leute dem Prinzip dieser sanften Medizin vertrauen wollen und hoffen, sich selber damit helfen zu können.
Wenn ich mich schmerzhaft gestoßen habe, nehme ich Arnika-Globuli, bei einer Brandverletzung hilft Cantharis, bei einer Schnittwunde Staphisagria ... Aber bei Krebs? Da ist lautstark davor zu warnen, sich nach eigener Eingebung irgendwie mit ein paar Globuli behandeln zu wollen. Da führt kein Weg daran vorbei, notwendigen Operationen zuzustimmen, da müssen oft auch Chemotherapie und Bestrahlungen in Kauf genommen werden. Aber begleitend dazu und anknüpfend daran kann, wie hier im Einzelnen dargestellt wird, der homöopathische Arzt viel leisten, was Linderung von Symptomen und Nebenwirkungen, Verminderung des Rückfallrisikos, Vermeidung von Folgeerkrankungen, kurz: was Lebensqualität und Lebensdauer betrifft.
Dabei hat homöopathische Krebsbehandlung nach dem Zeugnis der Autoren bereits eine lange Geschichte. Es gibt inzwischen zahlreiche detaillierte Studien dazu, die hier auch ausgewertet werden. Eine positive Wirkung ist nachgewiesen, was allerdings immer ein individuelles Herangehen einschließt. Die konventionelle Onkologie folgt evidenzbasierten Leitlinien. Standardisierte Verfahren bieten Ärzten und Patienten eine gewisse Sicherheit. Die klassische Homöopathie aber sieht den einzelnen Menschen in seiner Totalität. Ein Tumor ist keine Einzelerkrankung, sondern befindet sich in einem großen, auch veränderlichen Netz von individuellen Zusammenhängen, das in seiner Gesamtheit zu durchschauen ist, um das jeweilig passende Mittel zu finden.
Heilkunst von höchsten Graden: Die Erstanamnese dauert Stunden. Detailliert beschrieben wird hier die Vorgehensweise, bis es zur Auswahl eines Mittels kommt. Herausgearbeitet wird, wie dabei auch der Arzt als ganze Person herausgefordert ist, während er in Beziehung zum Patienten tritt. Erklärt wird die Bedeutung von Hochpotenzen (Q und C), die eine genaue, engmaschige Beobachtung verlangen. Philipp Lehrke, Arzt in Freiburg, hat deshalb das Konzept einer »Homöopathischen Intensivtherapie« mit nachfolgender ambulanter Betreuung entwickelt und geht hier ebenso auf die Behandlung spezieller Tumore ein.
Von Lehrke stammen auch zehn von zwölf ausführlichen Fallgeschichten mit mehrjährigem Verlauf, die über 200 Seiten des Buches ausmachen. Was ärztliche Kunst bedeutet, hier wird es vor Augen geführt. Denn das Krebsgeschehen verbindet sich mit vielfältigen physischen und psychischen Symptomen, die Schulmediziner normalerweise ausblenden würden. Wer immer sich für Homöopathie interessiert, wird interessante Einzelheiten finden, was Arzneimitteldifferenzierung und Beurteilung von Beschwerden betrifft. Jeweils blau unterlegt und mit einem Ausrufezeichen versehen sind grundsätzliche Erkenntnisse, die der Autor dabei gewonnen hat.
Krebs: Wer davon verschont geblieben ist, schaut vielleicht lieber weg. Wer daran erkrankt ist, den trifft es mit ganzer Person. Da ist es gut, mit ganzer Person durch einen Arzt angenommen zu sein, zu jeder Zeit, mit welcher Beschwernis auch immer. Die Sicherheit, in jeder Lage kompetente Begleitung zu erfahren, was die Homöopathie diesbezüglich auf selbstverständliche Weise bietet, wäre wünschenswert auch für die konventionelle Medizin.
P. Lehrke, T. Quak, J. Wurster: Adjuvante Homöopathie in der Onkologie. Mit Supervisionskommentaren von Dario Spinedi. Elsevier Verlag München, 293 S., geb., 49,99 €.
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