Weltweit für mehr soziale Sicherheit

Höhere Löhne, ein besserer Mindestlohn und andere politische Anliegen sind die Forderungen rund um den Globus

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Seit 125 Jahren demonstriert die Arbeiterbewegung weltweit, auch dieses Jahr kam es in vielen Ländern zu Protesten. Während der Protest in Russland oder der Türkei eine lange Tradition hat, ist er in den USA noch eine eher neue Erscheinung.

In Istanbul sperrte die türkische Polizei das Gelände rund um den zentralen Taksim-Platz in Istanbul und wichtige Verbindungsstraßen ab und nahm Dutzende Demonstranten fest, die versuchten, zum Platz vorzudringen. Demonstrationen zum 1. Mai im Zentrum Istanbuls sind seit 2014 verboten - dem Jahr nach den regierungskritischen Gezi-Protesten. Auch in anderen türkischen Städten wie Izmir und Trabzon kam es zu Protesten mit Tausenden Teilnehmern.

Etabliert in Russland...

Rund 130.000 Menschen sind in Moskau bei der traditionellen Mai-Parade der Gewerkschaften auf die Straße gegangen. Mit Slogans wie »Für eine gerechtere Sozialpolitik« und »Kümmert euch um die Senioren!« zogen die Moskauer am Dienstag mit Bürgermeister Sergej Sobjanin an der Spitze durch die Innenstadt bis zum Roten Platz. Nach Angaben der Gewerkschaft nahmen in ganz Russland rund drei Millionen Menschen an den Paraden teil. Mehr als 4000 Aktionen dieser Art waren im ganzen Land angesetzt.

»Ich werde alles dafür tun, damit die einfachen Moskauer besser leben werden und die Stadt blühen wird«, sagte Sobjanin der Agentur Interfax zufolge. Er versprach die Sozialleistungen für Kriegsveteranen und Rentner zu fördern und in Bildungs- und Gesundheitswesen zu investieren. Im Herbst will der kremltreue Politiker sich für eine zweite Amtszeit wählen lassen. Die Inflation sowie Gehaltskürzungen und Entlassungen treffen viele Russen hart.

In Seoul gingen Tausende Gewerkschaftsmitglieder auf die Straße. Auf den Mai-Kundgebungen in der Hauptstadt Südkoreas wurde unter anderem ein höherer Mindestlohn und ein Stopp der Umstrukturierung der Schiffbau- und Autoindustrie des Landes gefordert. Die Mitglieder der Vereinigung der südkoreanischen Gewerkschaften forderten außerdem eine Reform der großen Unternehmenskonglomerate, die die Wirtschaft des Landes dominieren. Etwa 20.000 Menschen nahmen teil.

In Jakarta versammelten sich rund 10.000 Arbeiter. Die hauptsächlich aus der Hauptstadt Indonesiens und seinen Vororten angereisten Demonstranten protestierten vor dem Präsidentenpalast und forderten höhere Löhne und sprachen sich gegen Outsourcing aus. Demonstrationen gab es in Asien unter anderem auch in Kambodscha und Thailand sowie in Myanmar und Hongkong. In Taiwan forderten Arbeiter eine Lohnerhöhung von zehn Prozent, andernorts stand ein höherer Mindestlohn im Vordergrund.

...eher neu in den USA

In den USA ist der 1. Mai traditionell kein Feiertag und hat keine besondere Tradition. Hier haben vor allem Migranten-Organisationen Demonstrationen organisiert. Von New York über Florida bis nach Kalifornien sind im ganzen Land Demonstrationen geplant. Sie richten sich hauptsächlich gegen die Abschiebepolitik der Trump-Regierung und fordern zudem bessere Arbeitsbedingungen.

Am Heimatort des McDonald Geschäftsführers Steve Easterbrook streikten am 1. Mai Angestellte der Fast-Food-Kette. Seit Jahren versuchen Gewerkschafter in der Fast-Food-Industrie bessere Löhne durchzusetzen, viele Beschäftigte in der Branche sind Migranten.

In Seattle haben rechte Aktivisten eine Gegenkundgebung zu einer linken Demonstration zum 1. Mai angekündigt. Sie wollen »der Antifa nicht die Straße überlassen«. In der Stadt und im kalifornischen Berkeley und anderen Orten war es in den letzten Monaten zu Zusammenstößen zwischen Rechtsradikalen und Antifa-Aktivisten gekommen.

Eine lange Tradition hat der 1. Mai hingegen in Kuba, hier ist er einer der wichtigsten Feiertage. Hunderttausende Kubaner feierten mit einem Marsch durch Havanna den Internationalen Tag der Arbeit. Unter dem Motto »Einheit, Verpflichtung und Sieg« zogen die Arbeiter am Dienstag drei Stunden lang durch die kubanische Hauptstadt. »Das ist eine Demonstration der soliden Basis unserer glorreichen Revolution und des großen Rückhalts der Arbeiter und des Volkes für die Erneuerung unserer wirtschaftlichen und sozialen Systems«, sagte der Vorsitzende der staatlichen Gewerkschaft CTC, Ulises Guilarte.

An der Kundgebung auf dem Platz der Revolution nahmen auch Ex-Präsident Raúl Castro und der neue Staatschef Miguel Díaz-Canel teil. Es war der erste gemeinsame Auftritt der beiden Männer seit der historischen Machtübergabe vor zwei Wochen.

Auch in Europa gingen am Dienstag Tausende auf die Straße. Landesweite Demonstrationen zum 50. Jahrestag des 1. Mai 1968 gab es in Frankreich. In Spanien waren nach Gewerkschaftsangaben Demonstrationen und Aktionen für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen und höhere Löhne in 70 Städten geplant. »Zeit zu gewinnen« lautete der Slogan der Demonstration in Madrid. In Großbritannien organisieren Aktivisten Protest gegen die Sparpolitik der Regierung. In Griechenland zogen Tausende auf mindestens drei Demonstrationen durch Athen, hier beteiligte sich auch Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis. In Thessaloniki gab es gleich vier Demonstrationen. mit Agenturen

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -