Empörung nach Äußerung von AfD-Chef zur NS-Zeit

Für Alexander Gauland waren Hitler und die Nazis nur ein »Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte« / Scharfe Kritik von Holocaust-Überlebenden und Parteien

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Äußerungen von Alexander Gauland zur NS-Zeit sind bei Holocaust-Überlebenden auf Entsetzen und Empörung gestoßen. Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, dankte zugleich am späten Samstagabend Politikern aller demokratischen Parteien dafür, dass sie diese »unerträglichen und würdelosen Äußerungen« Gaulands massiv verurteilt und zurückgewiesen hätten.

Der AfD-Parteivorsitzende und Fraktionschef im Bundestag hatte am Samstag auf dem Bundeskongress der Jungen Alternative für Deutschland im thüringischen Seebach gesprochen. Medien zitierten ihn mit den Worten: »Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.« Der von den Delegierten gefeierte Satz fiel demnach nach einem Bekenntnis Gaulands zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus von 1933 bis 1945.

Die Internetaktivisten vom »Zentrum für politische Schönheit« forderten in der Folge in einem »Dringenden Appell« eine »18-monatige Talkshowpause für Alexander Gauland«. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen dürfe ihm nicht länger eine Bühne bieten. Man wolle den Redaktionen der Talkshows »Anne Will«, »hart aber fair«, »Maybrit Illner« und »Maischberger« dieses Versprechen »abringen«. Eine solche Entscheidung würde auch diejenigen ermutigen, die sich gegenüber der »Menschenfeindlichkeit« der AfD »abmühen und aufreiben«. »Menschenfeindlichkeit muss von Medien nicht abgebildet werden, damit sie ihrer Informationspflicht gerecht werden«, schreiben die Aktivisten.

Christoph Heubner vom Internationalen Auschwitz Komitee sagte, Gauland habe bewusst die Bühne der AfD-Jugend genutzt, um die Tür der Partei »noch weiter ins Rechtsextreme zu öffnen und Herrn Höcke und dessen Wunsch nach einer totalen Abkehr von der deutschen Erinnerungspolitik seine Unterstützung zu erweisen«. Für Auschwitz-Überlebende wirkten »die kühl kalkulierten und hetzerischen Äußerungen« Gaulands nur noch widerlich.

Auch Spitzenpolitiker von CDU, SPD, Grünen und LINKE zeigten sich entsetzt. »Spätestens jetzt weiß jeder, woran er bei dieser Partei ist«, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Zwölf Jahre deutsche Geschichte, in denen Deutschland für 55 Millionen Tote im Zweiten Weltkrieg, die industrielle Ermordung von über sechs Millionen unschuldiger Frauen, Männer und Kinder verantwortlich war, als »Vogelschiss« zu bezeichnen, sei »zynisch und geschichtsvergessen«. In diesen zwölf Jahren sei Deutschland für den Tod von mehr Menschen verantwortlich gewesen als in allen Epochen zuvor.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, der AfD-Chef lasse mit einer solchen Aussage jegliche Fassade fallen. »Das ist eine erschreckende Verharmlosung des Nationalsozialismus. Es ist eine Schande, dass solche Typen im Deutschen Bundestag sitzen«, fügte Klingbeil hinzu.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: »50 Mio. Kriegsopfer, Holocaust und totaler Krieg für AfD und Gauland nur ein ‘Vogelschiss’! So sieht die Partei hinter bürgerlicher Maske aus.«

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte Gaulands Äußerungen gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe einen »unfassbaren Schlag ins Gesicht von allen Überlebenden des Holocaust, ihren Nachfahren und Angehörigen«. Sie fügte hinzu: »Unsere deutsche Geschichte hat gezeigt, wie Nationalismus, Hass und Hetze in den Abgrund führen. Es ist erschreckend, zu welcher Verrohrung die AfD mit solchen Äußerungen beiträgt.« Agenturen/nd

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