- Politik
- Nach Brand in pakistanischer Textilfabrik
KiK-Opfern droht juristische Niederlage
Gutachten für den Zivilprozess vor dem Landgericht Dortmund bescheinigt Verjährung
Bleibt der Brand in der pakistanischen Textilfabrik Ali Enterprises im September 2012, bei dem 260 Menschen ums Leben kamen, in Deutschland juristisch folgenlos? Ein Gutachten geht davon aus, dass die Ansprüche nach pakistanischem Recht verjährt sind. Damit droht die 2015 vor dem Landgericht Dortmund eingereichte Klage zu scheitern, ohne dass in der Sache entschieden wurde.
Die Anwälte der Hinterbliebenen hatten im März 2015 Klage eingereicht und sich dabei auf pakistanisches Recht berufen. Notwendig war das, weil es in Deutschland keine Möglichkeit gibt, Unternehmen für Missstände bei Zulieferern juristisch haftbar zu machen. Die Fabrik in Karatschi hatte hauptsächlich für den Discounter produziert.
Zunächst jedoch sollte die Frage der Verjährung geklärt werden. Die wurde nun in einem Gutachten, das »nd« vorliegt, klar entschieden: Nach pakistanischem Recht waren die Forderungen bereits zwei Jahre nach dem Brand verjährt, also schon vor der Klageeinreichung. »Diese Tatsache hat die Klägerseite nicht beachtet und die Betroffenen damit in ein von Anfang an aussichtsloses juristisches Abenteuer getrieben«, schreibt der Textildiscounter KiK in einer Stellungnahme und fordert, die Klage nun abzuweisen.
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die Hinterbliebenen vertritt, verweist jedoch darauf, dass er im November 2014 mit KiK eine Vereinbarung getroffenen habe, auf eine Verjährung zu verzichten. Dies sei Voraussetzung für die anschließenden Entschädigungsverhandlungen gewesen. »Wenn ein deutscher Rechtsanwalt mit einem anderen deutschen Rechtsanwalt eines deutschen Unternehmens einen Verjährungsverzicht vereinbart, den es so nur im deutschen Recht gibt, dann haben sich die Parteien auch auf die Anwendung des deutschen Rechts für die Beurteilung der Verjährungsfrage geeinigt«, erklärt Klinger und will das nun erneut prüfen lassen. Laut Gutachten können Sondertatbestände wie die Anerkennung von Rechtspflichten die Frist aufheben. Ob die vorliegen, muss das Landgericht nun prüfen.
Neben der Zivilklage wurde lange über Entschädigungen gerungen. Im September 2016 einigte sich KiK mit Vertretern der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), dem Entwicklungshilfeministerium sowie Opfervertretern auf die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von rund fünf Millionen US-Dollar. Anfang dieses Jahres haben nach Angaben des Konzerns die Auszahlungen begonnen. Für KiK ist die Frage der Entschädigungen damit geklärt.
»Den Betroffenen geht es um viel mehr als um Geld: Sie fordern Zugang zu Recht«, erklärte die Menschenrechtsanwältin Miriam Saage-Maaß vom European Center for Constitutional and Human Rights, das die Opfer unterstützt. Auch KiK schreibt, es sei »unbefriedigend«, dass die ursprüngliche Frage nach der Haftung von Unternehmen für ihre Zulieferer weiterhin ungeklärt bleibe.
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