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Prüfer wollen Wisente verjagen

Niedersachsens Landesrechnungshof legte Jahresbericht vor

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Wolf ist zurückgekommen, das Bundesamt für Naturschutz erwartet die Heimkehr des Braunbären in Deutschland, und eventuell vermehren sich dort bald auch die Wisente, die Anfang des 20. Jahrhunderts hierzulande auszusterben drohten. In Nordrhein-Westfalen leben sie seit 2014 nach einer Auswilderung bereits wieder als Gruppe in freier Natur. Den stattlichen Rindern, sie ähneln dem Bison, kann man in Niedersachsen aber schon seit 1928 in einem waldreichen Gebiet näher kommen: im Wisentgehege der Landesforsten bei Springe, etwa 35 Kilometer südlich von Hannover zu finden. Das 90 Hektar große Areal mit seinen gut 100 Wildtierarten vom Iltis bis zum Elch ist zweifellos sehenswert und lehrreich - aber zu teuer, meint der Landesrechnungshof in seinem Bericht für 2016.

Wer sich eine Visite bei Wisent, Urwildpferd und Uhu gönnen möchte, zahlt als Erwachsener 12 Euro, für Kinder beträgt der Eintritt 8 Euro. Trotz nahezu 200 000 Besuchern jährlich reicht das nicht aus, um die Kosten des Geheges zu decken. Es benötigt im Jahr rund 600 000 Euro Fördermittel. Ein »Businessplan« der Landesforsten hatte das Ziel, diesen Zuschussbedarf auf 200 000 Euro zu senken, aber das sei bislang nicht gelungen, vermelden die Rechnungsprüfer. Sie würden es begrüßen, wenn das Land sein Gehege los wird und dafür einen anderen Träger sucht.

Knackis sollen selbst zahlen

Noch bekommen Gefangene in Niedersachsens Justizvollzuganstalten, wenn es ihrer Gesundheit dient, Traubenzucker, Fertigtees und auch Hautcreme kostenlos, moniert der Landesrechnungshof in seinem aktuellen Bericht. Künftig aber sollen die Knackis all dieses aus eigener Tasche zahlen, empfehlen die Finanzkontrolleure. Schließlich bekämen auch Bedürftige, die Geld nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs erhalten, keine solchen Gratisleistungen. Richtig wäre es des Weiteren, so die Sparkommissare, wenn auch die eingesperrten Menschen für Medikamente jene Zuzahlungen entrichten müssten, die Versicherten »draußen« abgeknöpft werden. Noch bleibt den Einsitzenden diese Belastung erspart. haju

Keine Wisente, aber Milchkühe grasen im nördlichen Niedersachsen auf einem Gelände, das ursprünglich für Werkstätten, Lagerhallen, Fertigungsbetriebe, kurz: für Unternehmen gedacht war. Mit einem Foto von den Rindviechern auf grüner Wiese zeigt der Rechnungshof kritisch auf, was aus einer vom Land mit viel Steuergeld geförderten Fläche im Einzugsbereich des Jade-Weser-Ports geworden ist. Unweit jenes Tiefwasserhafens hatten Gemeinden zwei Gewerbegebiete erschlossen und dafür vom Land insgesamt 4,6 Millionen Euro bekommen. Doch das Interesse von Firmen, sich dort anzusiedeln, war ausgesprochen schwach. Jene Flächen seien »seit Jahren nicht einmal zu zehn Prozent belegt«, schreiben die Prüfer. Fördermittel für Gewerbegebiete, empfiehlt der Rechnungshof, sollten künftig nur dann bewilligt werden, wenn die Gemeinden nachweisen: Es besteht tatsächlich Bedarf an solch einem Areal.

Die finanziellen Belastungen durch Wisentgehege und Gewerbegebiete erscheinen allerdings gering angesichts der Kosten, die Niedersachsen durch sein Bekenntnis zur schulischen Inklusion entstehen. Dadurch, dass Kinder mit Handicap zusammen mit Mädchen und Jungen ohne ein solches unterrichtet werden. Dafür hat das Land in der laufenden Legislaturperiode Ausgaben von rund 1,8 Milliarden Euro eingeplant. Eine Summe, die im Rechnungshof mit Stirnrunzeln betrachtet wird. Besonders angesichts der Tatsache, dass es parallel zu den Schulen mit Inklusion weiter regelrechte Förderschulen gibt. Geplant war, diese nach und nach abzuschaffen. Würde dieses Vorhaben konsequent umgesetzt, spare das Land circa 400 Millionen Euro, haben die Prüfer errechnet. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) aber mahnt: Die schulische Inklusion dürfe nicht allein unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit betrachtet werden.

Allein diesen Aspekt berücksichtigen die Rechnungsprüfer offenbar bei der Betrachtung des Umgangs mit Flüchtlingen. »Die Durchsetzung der Ausreisepflicht« möge gesteigert werden, fordern die Sparkommissare und rügen in bestem Bürokratendeutsch: »Rechtliche Möglichkeiten bezüglich der Androhung und Durchsetzung von Leistungskürzungen oder der Ausgabe von Sach- anstelle von Geldleistungen« seien von den zuständigen Stellen »nicht immer ausgeschöpft« worden. Das Innenministerium sei gefordert, in dieser Hinsicht eine »intensive Fachaufsicht« auszuüben. Im Klartext: die Kommunen daraufhin zu überprüfen, ob sie Schutz suchende Menschen so knapp wie möglich halten.

Zu knapp war nach Ansicht der Geldkontrolleure »ein Unternehmen« - gemeint ist zweifellos die Deutsche Bahn - mit seinen Angaben dazu, wie es die 52 Millionen Euro Fördermittel des Landes zur Renovierung von 31 Bahnhöfen im Detail verwendet hat. Welche Bahnhöfe »attraktiver gestaltet« und barrierefrei gemacht wurden, verrät der Rechnungshof nicht. Fakt ist: Der still gelegte Bahnhof »Kaiserrampe« nahe dem Wisentgehege ist nicht dabei.

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