Türkisch-nationalistische Rocker verboten

Die Osmanen Germania galten schon seit einiger Zeit als verlängerter Arm der AKP in Deutschland

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

In ihrer Außendarstellung wollten sie immer nur ein Boxclub sein. Immer wieder wandten sich die »Osmanen Germania« in Statements an die Medien. Beschwerten sich über angebliche Diffamierungen und eine einseitige Berichterstattung. Sinn und Zweck des Vereins sei es, Jugendliche durch den Boxsport von der Straße zu holen und ein Gemeinschaftsgefühl zu stärken.

Freilich sieht das schon ganz anders aus, wenn man Rapsongs aus dem Spektrum der »Osmanen« anschaut. Der Frankfurter Rapper Remzi etwa singt, »Machst du einen Bruder an, werde ich zum Mörder.« Und lässt sich in seinem Song darüber aus, dass die »Osmanen« die Türsteher-Szene beherrschten. In einem anderen Song jubelt Rapper Maboss, dass der Boxclub Geld im Drogengeschäft verdient. Natürlich sind in beiden Videos zahlreiche Schusswaffen zu sehen, mit denen muskelbepackte Männer in den Kutten der »Osmanen« posieren.

Auch Mehmet Bağcı, ehemaliger Boxer und »Weltpräsident« der »Osmanen Germania«, posiert in den beiden Rap-Videos. Für solche Auftritte hat Bağcı allerdings schon seit rund einem Jahr keine Zeit mehr. Seit Ende März steht Mehmet Bağcı, mit dem ehemalige Hells Angel Selçuk Şahin und sechs weiteren Mitgliedern der »Osmanen Germania« in Stuttgart vor Gericht. Ihnen werden zahlreiche Straftaten vorgeworfen. Versuchter Mord, versuchter Totschlag, Freiheitsberaubung, räuberische Erpressung und zahlreiche Waffen- und Drogendelikte.

Im Laufe des Verfahrens ist erneut deutlich geworden, mit welcher Brutalität die »Osmanen« vorgehen. So wurde ein ehemaliges Mitglied der Gang über Tage festgehalten und gefoltert. Ein weiterer ehemaliger »Osmane« berichtete im vergangenen Jahr gegenüber »Stern TV« von Drogen- und Waffengeschäften. 70 bis 80 Läden, die allein der Geldwäsche dienen, soll der Club in Deutschland betreiben. Zeitweise galt der Club als die am schnellsten wachsende Rockergang in Deutschland. Zuletzt wurden 16 Chapter mit mindestens 300 Osmanen-Rockern bundesweit gewählt.

Doch das ist nicht alles, die »Osmanen Germania« verfügen auch über beste Kontakte zur türkischen Regierung. Mehmet Bağcı wurde im Jahr 2016 von Ilnur Cevik, einem der wichtigsten Berater des türkischen Präsidenten, empfangen. Ein T-Shirt der Rockergruppe soll dem Erdogan-Berater bei dem Treffen überreicht worden sein. Dieser wiederum soll seine Unterstützung für die Gang zugesagt haben. Das Nachrichtenmagazin Frontal 21 und die Stuttgarter Nachrichten deckten Ende 2017 sogar Geldflüsse von AKP-Mitglied Metin Külünk an die »Osmanen« auf. Külünk gilt als enger Erdogan-Vertrauter.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) zeigte sich nun erfreut über das Verbot. Schon im Herbst hatte er erklärt, dass die türkischen Behörden die »Osmanen«, wegen deren Feindschaft gegenüber Kurden und der Gülen-Bewegung, offensichtlich als »Terrorbekämpfung« ansähen und »unterstützen«. Auch dass Mitglieder der »Osmanen« bei Veranstaltungen von »regierungsnahen Organisationen« immer wieder als Sicherheitsmänner arbeiteten, war dem NRW-Innenminister schon aufgefallen.

Ob das Verbot die Aktivitäten der türkisch-nationalistischen Rocker in Deutschland nachhaltig stört, darf allerdings bezweifelt werden. Mit dem »Turan e.V.« gibt es noch eine zweite Vereinigung, die ähnlich strukturiert ist wie die »Osmanen Germania«. Außerdem hatten die »Osmanen« seit einer Durchsuchungsaktion im März viel Zeit, ihre Strukturen zu ändern und sich auf ein Verbot vorzubereiten.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -