Halbe Sache
Jürgen Amendt findet, dass der Ausbau der Ganztagsschulen gescheitert ist
Als vor 15 Jahren unter Rot-Grün das Ganztagsschulprogramm gestartet wurde, versprach sich die Politik davon wahre Wunderwerke. Die damalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn sah im Ausbau der Halbtags- zur Ganztagsschule gar die Möglichkeit, die Bildungschancen von der sozialen Herkunft abzukoppeln. Für Bildungschancen, so Bulmahn beim Start des Programms euphorisch, dürfe es künftig keine Rolle spielen, ob jemand aus einer Professoren-, Arbeiter- oder Einwandererfamilie komme.
Heute klingt die Ministerin a. D. pessimistischer. Angesichts der Kulturhoheit der Länder habe der Bund durch das Programm nur »begrenzt eingreifen« können, meinte sie einige Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Amt 2005. Und Bulmahn nennt auch den konkreten Grund für dieses Scheitern: Wegen der grundgesetzlichen Vorgaben konnte sie mit dem Programm nur Investitionen fördern und den Ländern keine Vorgaben über die Ausgestaltung der Ganztagsschulen machen. CDU-regierte Länder wie Bayern haben deshalb von Anfang an die Ganztagsschulen boykottiert, indem sie sich beispielsweise weitgehend weigerten, das für einen Ganztagsbetrieb nötige Personal zu finanzieren, und das, obwohl sie zu den finanzstarken Ländern zählen. Andere Länder wie das chronisch unterfinanzierte Berlin oder die dünn besiedelten Flächenländer wie Mecklenburg-Vorpommern konnten sich den Ausbau der Ganztagsschulen schlichtweg nicht leisten.
Leider will auch die derzeitige Bundesregierung daran nicht wirklich etwas ändern. Das Recht auf einen Ganztagsplatz soll es zwar geben - allerdings nur für die Grundschulen, und selbst das ist zu bezweifeln. Erst 2025 soll dieses Recht umgesetzt werden - bis dahin gibt es längst eine andere Regierung, und ob die sich an das Versprechen ihrer Vorgängerin halten wird, kann getrost bezweifelt werden.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.