Flüchtlinge von Holzboot gerettet

Tausende demonstrieren in Italien gegen die Abschottung Europas

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Deutschland hat Italien die Aufnahme von Dutzenden Bootsflüchtlingen zugesagt. Eine Regierungssprecherin teilte am Sonntag in Berlin mit, Deutschland werde 50 der 450 Migranten aufnehmen, die sich nach ihrer Rettung durch die EU-Grenzschutzbehörde Frontex in italienischen Gewässern befinden. Italiens Regierungschef Giuseppe Conte hatte die EU-Staaten an die Vereinbarungen des EU-Gipfels erinnert und darum gebeten, einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen.

Zwei Frontex-Schiffe hatten am Samstag rund 450 Flüchtlinge von einem Holzboot im Mittelmeer gerettet und in italienische Gewässer gebracht. Italiens rechtsgerichteter Innenminister Matteo Salvini weigerte sich aber, sie ins Land zu lassen. Conte hatte daraufhin in einem Brief an die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Staaten »ein klares Zeichen« für eine Lastenteilung in der EU gefordert und die Bereitschaft, »die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, einen Teil der rund 450 geretteten Personen in einem Hafen zu empfangen oder sie aufzunehmen«. Conte erklärte, er habe den Staats- und Regierungschefs der EU telefonisch und schriftlich »die Logik und den Geist des Teilens in den Schlussfolgerungen« des EU-Gipfels Ende Juni in Erinnerung gerufen. Dort hatten die Staats- und Regierungschefs der EU Italien mehr Unterstützung zugesichert. Nach Angaben Contes sagten auch Malta und Frankreich zu, jeweils 50 Flüchtlinge aufzunehmen.

Tschechiens Regierungschef Andrej Babis bezeichnete Contes Aufruf am Sonntag allerdings als »Weg in die Hölle« und bekräftigte die harte Haltung seines Landes in der Flüchtlingspolitik. Tschechien kündigte an, keine der geretteten Migranten aufnehmen zu wollen.

Italien und Malta gehen seit einigen Wochen besonders hart gegen Flüchtlingshilfsschiffe vor. Im Juni entschied der neue italienische Innenminister Salvini, der der fremdenfeindlichen Partei Lega vorsteht, dass Schiffe von Hilfsorganisationen mit Flüchtlingen an Bord nicht mehr in italienischen Häfen anlegen dürfen. Er will die Zahl der in Italien ankommenden Flüchtlinge auf Null zurückfahren.

Malta musste im vergangenen Monat das Hilfsschiff »Lifeline« mit rund 230 Menschen an Bord anlegen lassen, die maltesische Justiz geht seitdem gegen den deutschen Kapitän des Schiffes vor. Tage zuvor hatten Italien und Malta das Rettungsschiff »Aquarius« mit 630 Flüchtlingen an Bord zurückgewiesen, so dass es nach Spanien umgelenkt werden musste.

Am Wochenende demonstrierten an Italiens Grenze zu Frankreich tausende Menschen gegen eine Abschottung Europas gegen Flüchtlinge. Durch die ligurische Stadt Ventimiglia zogen am Samstag etwa 3000 Menschen, darunter zahlreiche Italiener, aber auch Franzosen, Deutsche, Niederländer und Spanier, bis zur französischen Grenze. Die Kundgebung wurde von einem Großaufgebot der Polizei begleitet. Zahlreiche Organisationen, die sich um Flüchtlinge kümmern, hatten zu dem vier Kilometer langen Protestmarsch aufgerufen.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini traf unterdessen am Samstag in Tripolis den Chef der international unterstützten Regierung der nationalen Einheit in Libyen, Fajes al-Sarradsch. Nach EU-Angaben ging es unter anderem darum, wie Brüssel Tripolis bei der Ausbildung der libyschen Küstenwache unterstützen könnte. Außerdem will die EU Libyen stärker bei der Sicherung der Grenzen im Süden des Landes helfen. Agenturen/nd

Kommentar Seite 4

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -