Wie Youtube-Größen Geld verdienen
Youtube-Videos sind mittlerweile so beliebt wie das Fernsehen vor 20 Jahren. Geht es um Schminktipps, Tutorials, Musikvideos oder sogenannte Lets-Plays, bietet sich Kindern und Jugendlichen eine unerschöpfliche Quelle an immer neuen Angeboten. Nach einer Studie von ARD und ZDF nutzen neun von zehn Bundesbürgern ab einem Alter von 14 Jahren regelmäßig das Internet. Das ist auch gar nicht verwunderlich, denn vieles, was es im Internet gibt, ist kostenlos, unterhaltsam und abwechslungsreich - so auch auf der Videoplattform Youtube.
Neben unvermeidlichem Unsinn ist es auch ein enormes Archiv an Wissen, Bildung, guter Unterhaltung und Selbsthilfe, das für jeden etwas bereit hält und täglich größer wird. Viele Schüler nutzen Youtube beispielsweise als Lernhilfe, weil manche Videos den Unterrichtsstoff besser vermitteln, als es viele Lehrer tun. Außerdem kann man sie bei Bedarf anhalten und zurückspulen. Einer Studie des Digitalverbandes Bitkom zufolge, glauben über ein Drittel der befragten Schüler, dass digitale Medien (z.B. Youtube) Schulbücher ersetzen können und sie damit sogar schneller lernen können. Knapp drei von vier finden sogar, dass digitale Medien Unterrichtsinhalte besser erklären. Und für 90 Prozent der Befragten machen digitale Medien den Unterricht noch interessanter.
Youtube und seine Stars verkörpern heutzutage das, was früher etwa die Beatles oder Spice Girls waren. Youtuber erreichen Einschaltquoten, von denen Fernsehanstalten wie RTL oder ProSiebenSat.1 nur träumen können. Bianca Heinicke folgen auf ihrem Youtube-Kanal »BibisBeautyPalace« bereits mehr als fünf Millionen Menschen, ihre Videos werden teilweise doppelt so häufig geklickt. Sie ist damit die beliebteste deutschsprachige Youtuberin weltweit. Weitere deutsche Szenegrößen sind Erik Range (»Gronkh«) mit 4,7 Millionen Abonnenten und Dagmar Nicole Kazakov (»Dagi Bee«) mit 3,8 Millionen Fans - Tendenz steigend.
Das besondere ist, dass die Youtuber oft selbst noch junge Erwachsene sind. Sie geben sich der jungen Zielgruppe gegenüber sehr authentisch und direkt, weshalb sie von jüngeren Zuschauern gerne auch als »große Schwester« beziehungsweise als »großer Bruder« bezeichnet werden. Dadurch gehören sie zu den einflussreichsten Gesichtern der deutschen Marketingszene. Laut der Studie von ARD/ZDF zählt Youtube unter den Jugendlichen zur beliebtesten Videoplattform. Mehr als jeder Zweite gab demnach an, Youtube zumindest selten mal zu nutzen.
Dieses Potenzial haben auch Werbeagenturen erkannt. Werbung und Produktplatzierung gehört mittlerweile auf der Videoplattform schon zum guten Ton. Denn obwohl die Videos für jeden kostenlos zur Verfügung stehen, können die Youtube-Größen von den selbst produzierten Clips sehr gut leben. Das finanziert sich vor allem durch Werbung, welche die meisten selbst machen. Sogenanntes Product Placement (Produktplatzierung) ist in der Szene nicht unüblich. Diese Art von Werbung machen sie im Auftrag von Firmen. Produktplatzierung bedeutet, dass ein Produkt (zum Beispiel Seife) vorgestellt und überwiegend positiv dargestellt wird. Das ist an sich noch nicht verwerflich, wenn es sich um die ehrliche Meinung des Youtubers handelt. Für den Zuschauer ist jedoch oft nicht so einfach zu durchschauen, ob sein Idol von einem Unternehmen für seine positive Aussage bezahlt wird oder anderweitige Vergünstigungen (wie zum Beispiel teure Produkte) bekommt.
Einige Stars verdienen durch Werbeverträge zum Teil hohe Summen. Demnach müssen sie sich an strikt vorgeschriebene Regeln bei der Produktplatzierung halten. Der Youtuber Uwe Schüder (»Flying Uwe«) musste zum Beispiel im vergangenen Jahr 10 500 Euro Strafe zahlen, weil er in mehreren Videos eindeutig Werbung gemacht hatte, diese aber nicht als solche kennzeichnete.
Vor allem junge Zuschauer sind leicht beeinflussbar und glauben ihrem Idol aufs Wort. Kinder können Werbebotschaften nicht richtig einschätzen und sind dadurch leicht manipulierbar. Viele der jungen Zuschauer kaufen deshalb die angepriesenen Produkte, welche manchmal ziemlich überteuert sind. Die Kinder geben durch diese Masche viel Geld für Produkte aus, die dem versprochenen kaum entsprechen. Allein für Süßigkeiten geben Sechs- bis 13-Jährige jährlich 450 Millionen Euro aus, wie eine Umfrage vom Institut iconkids & youth ergab. Kritiker meinen, dass manche Youtuber ihren Einfluss auf die jungen Zuschauer unterschätzen oder deren Vertrauen ausnutzen.
Deswegen fordern die Fraktionen der Linkspartei und der SPD in Brandenburg in einem gemeinsamen Antrag: »Gerade für jugendliche Viewer muss deutlich erkennbar sein, ob sich hinter einer Produktdarstellung eine unabhängige Empfehlung oder ein Werbevideo verbirgt.« Produktplatzierung im Internet soll deswegen besser gekennzeichnet werden. Außerdem sollen Videoplattformen künftig stärker überprüfen, ob Werbung ordnungsgemäß gekennzeichnet wurde. Die Grünen unterstützen diesen Ansatz. »Gerade bei Jugendlichen muss die Medienkompetenz durch Angebote innerhalb und außerhalb der Schule so gestärkt werden, dass entsprechenden Produktplatzierungen von vorne herein mit einer gesunden Skepsis begegnet wird«, sagt die bildungspolitische Sprecherin der Linkspartei, Birke Bull-Bischoff.
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