• Politik
  • Newsblog zum Hambacher Forst

Festnahmen und Verletzte im Hambacher Forst

Polizei startet Abbau erster Holzkonstruktionen von Besetzern / Sieben Eilanträge gegen Räumung beim Verwaltungsgericht Köln eingegangen

  • Fabian Hillebrand
  • Lesedauer: 9 Min.

Update 17:48 Uhr: Demonstrationen in mehreren deutschen Städten
In der Stadt Buir in der Nähe des Hambacher Forst fand am Donnerstag-Abend eine Demonstration gegen die Räumung des Waldes statt. Weitere Demonstrationen sind in Düsseldorf, Köln, Hamburg, Würzburg und Mainz angekündigt. Die Demonstration nahe dem Walde wurde von der Polizei aufgehalten, weil »Campingausrüstung« beanstandet worden ist. Damit beenden wir den Newsblog für heute. Die Räumung von 60 Baumhäusern wird auch eine Polizei mit »Höheninterventionsteams« einige Zeit dauern, wir lesen uns also wieder.

Update 17:19 Uhr: Umweltaktivist*innen sprechen von »politischem Skandal«
Für Umweltaktivist*innen ist der Beginn der Räumung im Hambacher Wald aus Brandschutzgründen ein politischer Skandal. Die NRW-Landesregierung habe vorher mit einer Kriminalisierungsstrategie versucht, den gesellschaftlichen Protest für den Erhalt des Waldes zu delegitimieren und zu schwächen, sagte Jan Pütz von der Aktion Unterholz am Donnerstag bei Kerpen. »Dann schiebt die Landesregierung auf einmal Brandschutzmaßnahmen vor, um ihre Räumung und Rodung zu legitimieren. Das ist nicht nur lächerlich, das ist unverschämt und ein politischer Skandal«, sagte Pütz.

Waldbesetzer »Momo« forderte: »Wir kämpfen für eine klimagerechte Zukunft und fordern von der Landesregierung, sofort die Polizeikräfte aus dem Hambacher Forst abzuziehen.« Das Aktionsbündnis Ende Gelände sprach von einem fadenscheinigen Argument der Landesregierung für die am Donnerstag begonnenen Räumungsmaßnahmen mit einem Großaufgebot der Polizei. Vom 25. bis 29. Oktober würden nun Tausende Menschen die Kohle-Infrastruktur, Schienen und Bagger blockieren, kündigte das Bündnis an.

Update 16:35 Uhr: Festnahmen und Verletzte
Die Polizei hat den Baumschützern im Hambacher Forst vorgeworfen, mindestens einen Polizisten leicht verletzt zu haben. Beamte und Autos der Einsatzkräfte seien bei der begonnenen Räumung mit Steinen und Molotow-Cocktails beworfen worden, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Beamte seien mit zudem mit Zwillen beschossen worden, hieß es. Diese Aussagen lassen sich aber bisher weder durch Bildmaterial noch durch Berichte der zahlreichen Journalisten vor Ort bestätigen. Der Ermittlungsausschuss, ein Rechtshilfekollektiv, dass die Demonstrant*innen unterstützt, geht derweil von 5 Aktivist*innen in Gewahrsam aus.

Update 13:55 Uhr: Polizei weitet Einsatz aus
Die Einsatzkräfte weiten ihren Einsatz gegen die Baumbesetzer im Hambacher Forst aus. Nachdem am Donnerstagvormittag auf dem Stadtgebiet Kerpen erste Bauten in den Bäumen geräumt wurden, begannen die Behörden am frühen Nachmittag auch von Westen her, auf dem Gebiet des Kreises Düren, ihren Einsatz. Ein Vertreter des Kreises forderte die Aktivisten in knapp einem Dutzend der Baumhäuser auf, freiwillig auf den Boden zu kommen - andernfalls werde die Polizei die Bauten räumen. Der Hambacher Forst liegt genau auf der Grenze zwischen der Stadt Kerpen und dem Kreis Düren.

Update 12:49 Uhr: Eilanträge gegen Räumung gestellt
Im von Kohlegegnern teilweise besetzten Hambacher Forst haben Polizisten am Donnerstag mit der Demontage erster Holzkonstruktionen begonnen, die Klimaaktivisten in den Waldgebiet im rheinischen Braunkohlerevier errichteten. Abgebaut werden sollte unter anderem eine an drei Baumstämmen befestigte Plattform, wie eine Polizeisprecherin mitteilte. Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot in das Waldgebiet aus, um die Räumung von gut 50 Baumhäusern durchzusetzen.

Die geplante Räumung beschäftigt derweil auch die Justiz: Beim Kölner Verwaltungsgericht gingen am Donnerstag zwei Eilanträge gegen die drohende Räumung der Baumhäuser ein. Die zuständige Kammer berate nun darüber, sagte eine Sprecherin. Eine Entscheidung solle so schnell wie möglich fallen. Nach Angaben der Antikohle-Initiative »Ende Gelände« wollen sich zahlreiche Bewohner der Baumhäuser gerichtlich gegen die Räumung zur Wehr setzen.

"Wir haben trotzdem gewonnen" - Räumg des Hambacher Forsts - Aktivist*innen wehren sich

Update 11:35: Die LINKE kritisiert Räumung von Hambacher Forst
»Die heute im Hambacher Forst begonnene Räumung ist ein krasser Beleg für das Versagen der Politik, eine friedliche Lösung herbeizuführen, meint Lorenz Gösta Beutin in einer Pressemitteilung. Der energie- und klimapolitischer Sprecher der LINKEN befindet sich mit weiteren Abgeordneten seiner Partei aktuell im Hambacher Forst, um die Lage vor Ort zu beobachten.« Er bezeichnet das Vorgehen als eine »Machtdemonstration der Politik in Nordrhein-Westfalen« und kritisiert, dass die Interessen des Energiekonzerns RWE vor der Bewahrung von Natur, Klima und Gesundheit der Menschen ständen.

Auch Katja Kippping äußert zu der Räumung. Auf Twitter schreibt sie, die polizeiliche Räumung des Hambacher Forst mache die Bundesregierung zu einem willigen Helfer der Umweltzerstörung.

Update 10.50 Uhr: Aktivist*innen künden Massenproteste an
Umwelt- und Klimaschützer haben als Reaktion auf die Räumung der symbolträchtigen Baumhäuser im Hambacher Forst große Proteste angekündigt. Mit der Räumung würden unwiderruflich Fakten geschaffen. »Damit beginnt heute eine bundesweite Massenmobilisierung. Tausende Menschen werden sich in den nächsten Tagen mit Demonstrationen, Sitzblockaden und Waldspaziergängen für den Erhalt des Waldes einsetzen«, teilten die Initiative Buirer für Buir, Aktivist*innen der Besetzung im Hambacher Forst, Ende Gelände sowie die Aktion Unterholz am Donnerstag gemeinsam mit.

»Wir werden deshalb ab diesem Wochenende mit Aktionen massenhaften zivilen Ungehorsams die Räumungen und Rodungen von Polizei und RWE verhindern. Durch diese Aktionsform nehmen wir unsere Zukunft selbst in die Hand«, sagte Jan Pütz von der Aktion Unterholz.

Update 10.15 Uhr: Polizei räumt erste Sitzblockade
Polizisten haben eine erste Sitzblockade aufgelöst. Die Aktivisten, die einen Weg zu den Baumhäusern blockierten, wurden von Einsatzkräften weggetragen. Gegenwehr leisteten sie nicht. Zuvor hatte die Polizei aus Holzstämmen aufgebaute Barrikaden beiseite geräumt.

Update 10.00 Uhr: Nach Ultimatum Sitzblockaden gegen die Räumung
Die Aktivisten verlassen den Hambacher Forst nicht freiwillig. Es gibt Sitzblockaden um die Baumhäuser vor der Räumung zu schützen - auch von Mitgliedern der evangelischen Kirche. Die Baumbesetzer im Hambacher Forst haben ein Ultimatum der Behörden zur Räumung der Baumhäuser verstreichen lassen. Auch nach Ablauf der 30-minütigen Frist, die ihnen die Stadt Kerpen gegeben hatte, sitzen die Baumbesetzer sie in ihren Bauten und kündigten Widerstand an. Ein Stadtsprecher hatte für diesen Fall angekündigt, die Baumhäuser mithilfe der Polizei räumen zu lassen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur stehen dafür sogenannte Höheninterventionsteams der Polizei bereit.Der Einsatz gegen die Baumbesetzer im Braunkohlerevier Hambacher Forst gilt bei der Polizei als einer der größten in der jüngeren nordrhein-westfälischen Geschichte. Aus dem gesamten Bundesgebiet wurden Einsatzkräfte zur Verstärkung in den Hambacher Forst geholt. Wasserwerfer und schweres Räumgerät sind im Einsatz.

Update: 9.30 Uhr: Lage spitzt sich zu
Die Lage im Hambacher Forst spitzt sich zu: Die Polizei hat begonnen, die Aktivisten aus dem Braunkohlerevier zu räumen. Die Räumung dürfte jedoch nicht ohne Widerstand ablaufen. Das Bauministerium in Nordrhein-Westfalen will, dass die jahrelang geduldeten Baumhäuser der Umweltschützer und Braunkohlegegner unverzüglich verschwinden. Eine entsprechende Weisung sei den zuständigen Baubehörden am Mittwochabend übermittelt worden, bestätigte ein Ministeriumssprecher.

In der Weisung argumentiert das Ministerium nach dpa-Informationen unter anderem mit dem fehlenden Brandschutz in den Baumhäusern. Nach der Bauordnung müssten die Baumhäuser etwa über Rettungstreppen und über Geländer verfügen. Außerdem müssten Rettungswege für Feuerwehr und Krankenwagen verfügbar sein. Deshalb dürfe es aus Sicherheitsgründen keinen zeitlichen Aufschub bei der Räumung geben. Umsetzen müssen das nun die Bauämter der Stadt Kerpen und des Kreises Düren, auf deren Gebiet der Hambacher Forst liegt.

Kurz vor zwölf für den Wald
Fragen & Antworten: Warum spitzt sich der Konflikt gerade jetzt zu? / Welche Rolle spielt die Kohlekommission in dem Konflikt?

Der Hambacher Forst zwischen Aachen und Köln ist längst zu einem Symbol des Widerstands gegen die Braunkohle geworden. Vor Beginn der Kohleförderung war der Wald 4100 Hektar groß; nach Angaben des Tagebau-Betreibers RWE Power wurden bislang 3900 Hektar für den Kohleabbau gerodet. Der Wald hat nach Angaben des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) eine 12.000 Jahre lange Geschichte. Es gibt dort Vorkommen streng geschützter Arten wie Bechsteinfledermaus, Springfrosch und Haselmaus.

Seit 2012 ist das Waldstück von Aktivisten besetzt, die zum Teil in den 30 bis 60 Baumhäusern leben. Im Herbst will der Energiekonzern RWE mehr als die Hälfte des verbliebenen Waldes fällen, um weiter Kohle baggern zu können. Bevor gerodet werden kann, müsste der Forst geräumt werden. Doch das gilt als schwierig. Zuletzt sicherte die Polizei mit einem großen Aufgebot den Einsatz von RWE-Mitarbeitern ab, die Barrikaden aus dem Wald räumen und so die Rodungsarbeiten vorbereiten wollten.

Doch der geplante Braunkohleabbau spielt in der Weisung des Bauministeriums zur Räumung der Baumhäuser keine Rolle. Vielmehr argumentiert das Ministerium in dem Schreiben mit Sicherheitsbedenken.

Die Aktivisten riefen am Mittwochabend in sozialen Netzwerken dazu auf, den Protest im Hambacher Forst zu unterstützen. Zuletzt waren am vergangenen Samstag und Sonntag Hunderte Menschen dem Aufruf zu einem »Wochenende des Widerstands« in dem Waldstück gefolgt. »Während wir einen einmaligen Hitzesommer erlebt haben, Wälder in ganz Europa brannten und uns die Ausmaße des Klimawandels eindrücklich
gezeigt wurden, soll nun im Rheinland ausgerechnet ein einzigartiger
Wald der klimaschädlichen Braunkohle weichen«, heißt es in einem aktuellen Protestaufruf zu einer Demonstration am heutigen Donnerstag.

Die Waldbesetzer kündigten eine gewaltlosen Widerstand gegen die geplante Räumung ihrer Baumhäuser an. »Für viele ist das ihr Zuhause. Es gibt Menschen, die hier seit sechs Jahren wohnen«, sagte Freddy, der am Donnerstag auf einem Baumstamm in etwa zehn Metern Höhe ausharrte. Die Baumhäuser seien ein europaweit bekanntes Symbol geworden.

Zahlreiche Umwelt- und Klimaschützer saßen am Donnerstagmorgen vor der geplanten Räumung ihrer Baumhäuser zusammen und berieten über das weitere Vorgehen. In den sozialen Netzwerken riefen sie dazu auf, den Protest im Hambacher Forst zu verstärken. Cuca, die nach eigenen Angaben seit fünf Tagen auf einer Plattform lebt, sagte, gewalttätig seien nicht die Baumbesetzer, sondern allenfalls der Energiekonzern RWE und die Polizei.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bezeichnete die Baumhäuser der Braunkohle-Gegner dagegen als »illegal besetzte Gebiete«. Aus den Baumhäusern heraus gebe es seit Tagen Übergriffe auf Polizisten, sagte Laschet am Mittwochabend in dem Bürgertalk »WDR-Arena«. mit Agenturen

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -