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Besetzung von NRW-Vertretung in Berlin geräumt
»Ende Gelände«: »Die Landesregierung NRW macht sich zum Handlanger von Wirtschaftsinteressen« / Gericht lehnt Stopp der Räumung im Hambacher Forst ab
Berlin. Der Protest von Braunkohlegegnern im Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen hat am Freitag die Hauptstadt erreicht. Aktivisten besetzten nach eigenen Angaben am Morgen die NRW-Landesvertretung in Berlin. Es seien Polizisten von der Vertretung angefordert worden, erklärte ein Sprecher der Berliner Polizei. Nachdem die Landesvertretung einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt hatte, begannen die Beamten am Mittag, die Aktivisten aus dem Gebäude zu tragen. Diese ist nun beendet.
Den Beamten zufolge wurde der Eingang der Landesvertretung in der Hiroshimastraße in der Nähe des Tiergartens gegen 9.30 Uhr besetzt. »Hambi bleibt« stand auf zwei Transparenten zu lesen. Demonstranten hatten sich im Foyer der Vertretung sowie davor postiert. Die Aktivisten gehörten zu der Initiative »Ende Gelände«.
»Ende Gelände« hatte zuvor erklärt, sie wolle die Landesvertretung so lange besetzt halten, bis die Landesregierung den Polizeieinsatz im Wald beendet. »Die Landesregierung NRW macht sich zum Handlanger von Wirtschaftsinteressen. RWE ist eine Gefahr für den Wald und für das Klima weltweit«, teilte die Sprecherin der Initiative, Karolina Drzewo, mit.
Unterdessen will Polizei will im Hambacher Forst die umstrittene Räumung der Baumhäuser von Umweltschützern und Braunkohlegegnern an diesem Freitag fortsetzen. Mit einem massiven Aufgebot, für Höheneinsätze geschulten Beamten und umfangreicher Technik räumte die Polizei am Donnerstag bis Einbruch der Dunkelheit vier Baumhäuser sowie Hindernisse aus dem Weg. Auch danach waren weiterhin zahlreiche Polizisten in der Gegend präsent, wie eine dpa-Reporterin berichtete. Die Räumungsaktion gehe an diesem Freitag weiter, sagte ein Sprecher der Aachener Polizei. Bis zum frühen Morgen blieb die Lage ruhig.
Allerdings war es am Donnerstagabend mehreren Dutzend Braunkohlegegnern gelungen, trotz des massiven Polizeiaufgebots in den Wald zu kommen. Schätzungsweise 40 bis 50 Braunkohlegegner scherten nach Polizeiangaben aus einer Demonstration aus und rannten los. Sie wurden lautstark von den in Baumhäusern lebenden Aktivisten begrüßt, wie eine dpa-Reporterin berichtete. An der genehmigten Demonstration gegen die Räumung und für den Erhalt des Hambacher Forstes hätten mehr als 1000 Menschen teilgenommen, darunter Familien mit Kindern.
In den sozialen Netzwerken riefen die Baumbesetzer dazu auf, den Protest im Hambacher Forst zu verstärken und in den Wald zu kommen. »Wir werden deshalb ab diesem Wochenende mit Aktionen massenhaften zivilen Ungehorsams die Räumungen und Rodungen von Polizei und RWE verhindern. Durch diese Aktionsform nehmen wir unsere Zukunft selbst in die Hand«, sagte Jan Pütz von der Aktion Unterholz. Das Aktionsbündnis »Ende Gelände« kündigte an, vom 25. bis zum 29. Oktober würden Tausende Menschen die Kohle-Infrastruktur, Schienen und Bagger blockieren.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster lehnt indes einen Stopp der Räumung ab. Das OVG schloss sich damit der Meinung des Verwaltungsgerichts Köln an, das am Donnerstag in einem Eilverfahren eine Beschwerde gegen die Räumung durch die Stadt Kerpen zurückgewiesen hatte. Der Beschluss des OVG ist nicht anfechtbar, wie das Gericht am Freitag mitteilte. Ob die Räumungsanordnung rechtmäßig sei, müsse ein späteres Klageverfahren klären, teilte das OVG mit.
Auf das Versammlungsrecht könne sich der Baumhausbesitzer nicht berufen, heißt es zur Begründung. Die zahlreichen Baumhäuser im Hambacher Forst seien Rückzugs- und Aufenthaltsorte für gewaltbereite »Waldbesetzer«, die für die Polizei nur unter erheblicher Gefahr zugänglich seien. »Schon deshalb überwiegt das öffentliche Interesse an ihrer Räumung das private Interesse des Antragstellers, in dem Baumhaus verbleiben zu können«, heißt in einer Mitteilung des OVG. Auch das Verwaltungsgericht Aachen hat in der Zwischenzeit den Eilantrag eines Baumhausbesitzers abgelehnt, die Räumung zu stoppen. Das Gerichte beklagt in der Begründung eine fehlende Baugenehmigung und mangelnden Brandschutz.
Streit um Räumung spaltet Kohlekommission
Derweilen entzweit der Streit um das Hambacher Forst die von der Bundesregierung eingesetzte sogenannte Kohlekommission. »Der Tagebau Hambach ist genehmigt und bisher in allen Instanzen bei gerichtlichen Überprüfungen bestätigt worden«, sagte Kommissionsmitglied Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), dem »Handelsblatt« (Freitag). »Deshalb ist es in einem Rechtsstaat nur konsequent, dass RWE dann auch den Tagebau weiterführen kann.«
Michael Vassiliadis, Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und Mitglied der Kohlekommission, kritisierte die Proteste gegen die geplante Rodung: »Der Hambacher Forst steht schon länger nicht mehr nur für friedlichen Protest und eine offene Streitkultur.«
Dagegen sagte Kommissionsmitglied Martin Kaiser, der zugleich Geschäftsführer von Greenpeace ist, die »unverantwortliche Räumung unter vorgeschobenen Gründen« belaste »die bislang vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit in der Kohlekommission massiv«. Auch der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) und der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, beide ebenfalls in der Kohlekommission vertreten, bewerteten die Räumung als kontraproduktiv.
Die Kohlekommission soll bis Ende des Jahres eine Strategie zum Ausstieg aus der Kohleverstromung ausarbeiten und Vorschläge für die Finanzierung und Gestaltung des Strukturwandels in Tagebau-Regionen wie dem Rheinischen Revier vorlegen. Agenturen/nd
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