• Politik
  • Staatssekretär im Innenministerium

Maaßen verdrängt SPD-Bauexperten

Staatssekretär Gunther Adler wird in den einstweiligen Ruhestand versetzt / Wissler: »Warum um alles in der Welt macht die SPD das mit?«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der bisherige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen soll als Staatssekretär im Innenministerium für den Bereich Sicherheit zuständig werden. Das umfasse nicht die Aufsicht über seine alte Behörde, sagte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch in Berlin. Maaßen solle sich um die Bundespolizei, Cyber- und Informationssicherheit und öffentliche Sicherheit kümmern. Der 55-Jährige sei »ein klassischer Beamter, der eben den Dienst da tut, wo er hingestellt wird«, sagte Seehofer.

Einen neuen, zusätzlichen Staatssekretärsposten soll es nicht geben. Der bisherige Staatssekretär und ausgewiesene Bauexperte Gunther Adler (55) wird in den einstweiligen Ruhestand versetzt, wie Seehofer mitteilte. In der SPD wird das den Unmut weiter befeuern: Der Leipziger kommt aus der Partei und war im Innenministerium bisher für Stadtentwicklung, Wohnen und Bauen zuständig. Er hat langjährige Erfahrung im Baubereich in Ministerien in Nordrhein-Westfalen und auf Bundesebene. Seehofer hatte Adler bei seinem Amtsantritt noch ausdrücklich gelobt und bekräftigte am Mittwoch seine Wertschätzung. Die Personalie sei Folge der Grundsatzentscheidung, sagte Seehofer.

Aus der Opposition gab es nach Bekanntwerden der Nachricht Kritik an der Personalentscheidung: »Krass! Seehofer kickt für Maaßen den einzigen Experten für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung aus seiner Staatssekretärs-Riege. So kurz vor dem Wohngipfel ein deutliches Zeichen, welchen Stellenwert das Thema Wohnen für den 'Bauminister' hat. Unfassbar«, twitterte die LINKEN-Politikerin und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik, Caren Lay. Auch ihre Parteikollegin, die hessische LINKEN-Politikerin Janine Wissler, fragt: »Warum um alles in der Welt macht die SPD das mit?«

Auch aus der Reihen der Grünen kam deutliches Unverständnis: »Doch kein neuer 9. Staatssekretär für Seehofer. Maaßen verdrängt Staatssekretär Adler. Nicht der V-Mann der AfD Maaßen wird entlassen, sondern der Bauexperte Adler. Und dass bei den explodierenden Mieten. Was für eine unglaubliche Fehlentscheidung«, erklärte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven Kindler.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Seehofer und SPD-Chefin Andrea Nahles hatten sich am Vortag auf die Beförderung Maaßens zum Staatssekretär im Innenministerium geeinigt, nachdem dieser mit Äußerungen zu den rassistischen Vorfällen in Chemnitz in die Kritik geraten war.

Die Nachfolge im Bundesamt für Verfassungsschutz ist demnach noch offen. Kandidaten für einen möglichen Nachfolger für Maaßen seien bei dem Treffen mit Merkel nicht genannt worden, sagte Seehofer. »Weder die Frau Nahles, noch die Bundeskanzlerin, noch ich - haben irgendeinen Namen auf den Tisch gelegt«. Auch er selbst habe keinen Namen im Kopf, allerdings solle über die Personalie zügig entschieden werden.

Bis diese geklärt sei, solle Maaßen im Amt bleiben. Dies sei »wegen der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland auch unverzichtbar.« Die Aufsicht im Innenministerium über das Bundesamt für Verfassungsschutz soll Staatssekretär Hans-Georg Engelke übernehmen, der auch für den Baubereich zuständig wird.

Kritik an der Beförderung Maaßens wies Seehofer zurück. Er selbst habe dessen Ablösung an der Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) nicht betrieben. »Das Thema ist ja nicht mein Thema gewesen. Ich hätte ja die Versetzung von Herrn Maaßen nicht betrieben.« Das Ergebnis des Gesprächs sei ein Kompromiss, da der Koalitionspartner kein Vertrauen mehr in Maaßen als BfV-Chef gehabt habe.

Seehofer lobte Maaßen als »kompetenten, integren Mitarbeiter«, der sich hohe Verdienste erworben habe, gerade bei der Terrorbekämpfung. Er habe mit ihm immer »sehr vertrauensvoll« zusammengearbeitet. Zur Personalie Adler sagte Seehofer, »alle Folgeprobleme« seien bei dem Treffen mit Merkel und Nahles bekannt gewesen und so besprochen worden. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.