• Politik
  • Seenotrettung im Mittelmeer

Streit über Rückführungen nach Libyen

Panama will Rettungsschiff »Aquarius« Flagge entziehen

  • Fabian Hillebrand
  • Lesedauer: 4 Min.

Panama will dem Rettungsschiff »Aquarius« die Flagge entziehen. Die Schifffahrtsbehörde des mittelamerikanischen Landes teilte am Samstag auf ihrer Website mit, die Aufhebung der Registrierung der »Aquarius 2« eingeleitet zu haben. Das Rettungsschiff befindet sich im Moment in der Such- und Rettungszone vor Libyen. Hintergrund ist eine Beschwerde der italienischen Behörden. Demnach habe »der Kapitän des Schiffes es abgelehnt, aufgenommene Migranten und Flüchtlinge in ihre Herkunftsländer zurückzubringen«.

Zuvor hatte die »Aquarius« am vergangenen Donnerstag ein Glasfaserboot mit elf Migranten entdeckt. Nachdem die libyschen Behörden nicht auf Kontaktversuche geantwortet hatten, griffen die Helfer ein. »Angesichts der Risiken, denen die Menschen an Bord ausgesetzt waren, mussten diese sofort an Bord der 'Aquarius' gebracht werden. Auch, wenn bis zu diesem Zeitpunkt keine der kontaktierten maritimen Behörden die Koordination des Einsatzes übernommen hatte,« erklärt Einsatzleiter Nick Romaniuk die Entscheidung.

Nach der Bergung der Menschen meldete sich dann die libysche Küstenwache und verlangte die Übergabe der hauptsächlich aus Pakistan stammenden Flüchtlinge.

Die Besatzung der »Aquarius« verweigerte eine Rückführung der Gerettenen nach Libyen und lehnte einen Transfer der Menschen auf ein libysches Patrouillenboot ab. Die Organisation beruft sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aus dem Jahr 2012, wonach Libyen kein sicherer Ort ist. »Menschenrechtsverletzungen sind dort an der Tagesordnung«, schreibt die Organisation in einer Pressemitteilung vom Samstag.

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Libysche Häfen können laut Studien von Amnesty International und Ärzte ohne Grenzen nicht als sichere Orte eingestuft werden. Laut SOS Méditerranée, eine der Organisationen, die die »Aquarius« betreibt, waren auch die elf Gerettenen in Libyen über mehrere Monate Zwangsarbeit ausgesetzt. »Die Standard«-Redakteurin Bianca Blei, die sich momentan auf dem Rettungsschiff befindet, bestätigt diesen Bericht.

Nachdem die Crew die Entscheidung gefällt hatte, die Menschen nicht nach Libyen zurückzuführen, kontaktierte das Rettungsschiff die italienische und die maltesische Seenotleitstellen. Laut dem öffentlich einsehbaren Logbuch der Aquarius antwortete Malta, sie seien für diesen Fall nicht zuständig. Italien antwortete, dass es ebenfalls keinen sicheren Hafen bereitstellen werde. Die »Aquarius« hat nun Spanien, Frankreich und Griechenland kontaktiert.

»Während sich die europäischen Regierungschefs zu einem außerordentlichen Gipfel in Salzburg trafen, ohne eine gemeinsame Antwort auf die humanitäre Krise im Mittelmeer zu finden, ist die 'Aquarius' erneut mit dieser Uneinigkeit der EU-Politik konfrontiert«, sagte Fréderic Penard, Director of Operations von SOS Méditerranée. »Unsere Mission ist es Menschen zu retten, zu beschützen und zu bezeugen. Auch diese elf Menschen werden wir beschützen, bis ein sicherer Ort von einer kompetenten maritimen Behörde bestimmt wurde«, ergänzt er.

Im August hatte die britische Kronkolonie Gibraltar dem Schiff die Flagge entzogen. Deswegen hatte die »Aquarius« seit Ende August in Marseille gelegen. Mitte September trat sie unter der Flagge Panamas und unter dem neuen Namen »Aquarius 2« ihre neue Rettungsmission an. In einem ersten Statement der Organisation heißt es, man werde trotz der Anschuldigungen weiterhin Seenotrettungsmissionen im Mittelmeer durchführen. Die »Aquarius« erfülle alle Voraussetzung für die Registrierung des Schiffes, heißt es weiter.

Die »Aquarius« ist momentan das einzige Schiff, das auf der tödlichsten Fluchtroute der Welt Rettungen durchführt. Mehr als 1250 Menschen sind seit Beginn des Jahres bei der Überquerung des zentralen Mittelmeers gestorben.

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Am Sonntagabend meldete die Organisation, sie hätte in einem »langen und komplizierten« Rettungseinsatz 47 Menschen in internationalen Gewässern gerettet, darunter 17 Minderjährige und eine Schwangere. Während des Einsatzes sei es erneut zu Verhandlungen mit der libyschen Küstenwache gekommen.

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