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Hoch gestiegen - tief gefallen

Jan Jacobs Mulder über das außergewöhnliche Leben des Joseph Boulogne

  • Sabine Neubert
  • Lesedauer: 3 Min.

»Hoch steigen - tief fallen«, so hatte einst Saint-George de Boulogne seinen Sohn Joseph gewarnt. Die Worte des Vaters, der früh starb und Joseph »ein Imperium in den Schoß warf«, das heißt, ein großes Vermögen und Ländereien in Übersee hinterließ, sollten sich nur allzu sehr bewahrheiten. »Ruhmlos bin ich in der Revolution untergegangen«, wird Joseph Boulogne, Chevalier de Saint-George, resümieren.

Jan Jacobs Mulder: Joseph, der schwarze Mozart. Roman.
A. d. Niederl. v. Ulrich Faure. Unionsverlag, 319 S., geb., 20 €.

Das Zeitalter der Französischen Revolution mit seinen Skandalen, Verrücktheiten und geistig-kulturellen Höhenflügen, aber auch mit dem kaum vorstellbaren Terror gehört zu den spannendsten Epochen der Weltgeschichte und war immer wieder »rot-schwarzer« Nährboden für Literatur und Film. Nun nimmt uns der niederländische Schriftsteller Jan Jacobs Mulder mit seinem »Schwarzen Mozart« erneut mit in diese Zeit, entfaltet ein breit gefächertes Panorama der Ereignisse und schildert uns eine Romanfigur mit einem dramatischen Lebenslauf. Der führt durch abenteuerliche Höhen und Tiefen: mal verfeinerte Hochkultur, Salonleben und Liebeständelei, mal Reisebericht und Kriminalgeschichte. Am Ende »Apokalypse«, wie das letzte Kapitel überschrieben ist.

Wer ist dieser Joseph, der auch »Schwarzer Mozart« genannt wird? »Ich war ein Schwarzer, ein Bastard, und doch kannte ich Haydn, und Haydn kannte mich. Mozart hat mich besucht, und Stamitz hat mir ein Klarinettenkonzert gewidmet. Es gab Leute, die mich vergötterten, das schmeichelte mir und jagte mir gleichzeitig Angst ein ... Mein schwarzes Haupt, umrahmt von einer weißen Perücke, zog alle Aufmerksamkeit auf sich … Wie habe ich doch die Pariser amüsiert!«

Joseph Boulogne: ein »Mulatte« und berühmter Mann im Paris der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, ein Exot, geliebt und als »schwarzer Teufel« geschmäht. Eine schöne Erfindung des Autors, möchte man meinen. Aber weit gefehlt! Der Held des Jan Jacobs Mulder ist tatsächlich eine historische Gestalt gewesen (man kann sein Konterfei in höfischem Outfit im Internet betrachten), so romanhaft sein Leben auch verlaufen ist. Dass sich darum auch allerlei Legenden rankten, ist nicht verwunderlich.

Geigenvirtuose und Komponist, dessen Werke bis in die Wiener Frühklassik hineinwirkten, war er zugleich ein Fechtgenie und sagenumwobener Liebhaber.

Als Sohn eines französischen Plantagenbesitzers und einer 16-jährigen schwarzen Sklavin 1745 in Basse-Terre auf Guadeloupe geboren, wurde er schon als Kleinkind nach Frankreich gebracht und erhielt dort eine exzellente Ausbildung. 13-jährig wurde er zu den berühmtesten Pariser Fechtmeistern und Komponisten in die Lehre gegeben. Mittelpunkt des Pariser Adels, wurde er Mitglied des Königlichen Korps und einer Freimaurerloge, floh während der Revolution, reiste mehrfach nach England und befehligte später in der Normandie als Oberst das einzige schwarze Regiment in Europa, in dem übrigens auch Thomas Alexandre Dumas als Leutnant diente.

Schließlich schloss er sich dem Kampf gegen die Sklaverei in den Kolonien an und befehligte in seiner Heimat Guadeloupe einen kleinen schwarzen Trupp gegen die weißen Siedler, was schmählich endete und ihm eine tödliche Verletzung beibrachte. »Nein! Kein Schuldgefühl jetzt!«, sagt er am Ende des Romans, einsam und verarmt in einer Pariser Wohnung, »die Sklaverei ist offiziell abgeschafft, aber ich wollte zu schnell zu viel, während ich zwischen zwei Kulturen lebte.«

Jan Jacobs Mulder lässt Joseph Boulogne selbst erzählen, macht so die innere Sicht und damit die Zerrissenheit dieses Menschen deutlich. Spielball einer dekadenten Adelsgesellschaft, wurde er samt seiner Kompositionen von der Revolution und dem kommenden bürgerlichen Zeitalter mit seinen Rassevorurteilen aus dem Gedächtnis gestrichen, bis das 21. Jahrhundert ihn neu entdeckte. Heute tragen eine Straße in Paris und ein steinernes Denkmal in Basse-Terre seinen Namen.

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