Keine Panik auf der Titanic

Nach Klausuren: Große Koalition macht weiter. SPD plant keinen Sonderparteitag und keine Personalwechsel

Nach der SPD-Vorstandsklausur teilte die Bundesvorsitzende Andrea Nahles am Montag im Berliner Willy-Brandt-Haus mit, bei ihrer Partei verlaufe trotz der miserablen Umfragewerte alles nach Plan. »Wir haben uns untergehakt. Wir setzen auf die Kraft des Zusammenhalts.« Der für Herbst 2019 terminierte Parteitag finde planmäßig statt und werde nicht vorgezogen, darüber sei sich eine »sehr große Mehrheit« in dem Führungsgremium einig gewesen. Auch einen Sonderparteitag zu Verbleib in oder Ausstieg aus der Großen Koalition (Groko) mit CDU und CSU wird es nicht geben. Sowohl ein Vorziehen der regulären als auch eine Delegiertenkonferenz außer der Reihe war nach dem desaströsen Abschneiden der SPD bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen insbesondere von Vertretern der Parteilinken wiederholt gefordert worden. Zuletzt sprachen sich die Delegierten eines Sonderparteitages der schleswig-holsteinischen SPD in Kiel am Samstag für einen Vorziehen des Parteitags aus.

Nahles zufolge strebt die SPD bis Dezember einen »Klärungsprozess« in der Groko an. Es solle geklärt werden, wie es sowohl »konkret im Stil als auch bei konkreten Projekten« weitergehe. Ein Ausstieg aus der Koalition sei auf der Tagung »gar kein Thema« gewesen, sagt die SPD-Chefin. Am 14. Dezember solle es aber eine weitere Klausur geben.

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Nahles, der in den letzten Tagen etliche Genossinnen und Genossen den Rücktritt nahegelegt hatten, sprach von einer »sehr intensiven« und konstruktiven Debatte im Vorstand. Die SPD sei die politische Kraft, die wie keine andere für »gesellschaftlichen Zusammenhalt« stehe. Sie werde sich in der Koalition gegen Kinderarmut, für eine bessere Bezahlung von Pflegekräften, gegen die Wohnungsnot in Großstädten und für eine Mindestrente engagieren, kündigte die Vorsitzende an.

Der Vorstand stellte sich offenbar mit großer Mehrheit hinter Nahles. Am Morgen hatte ihr Stellvertreter Ralf Stegner einmal mehr vor Personaldebatten gewarnt. Stattdessen müsse es vor allem um die »langen Linien« gehen, die SPD müsse für den sozialen Zusammenhalt und Weltoffenheit stehen.

In der CDU-Klausur ging es offenbar weniger um die Analyse der Ursachen des Absturzes bei den Landtagswahlen als um die Vorbereitung der Neuwahl des Bundesvorsitzenden, nachdem Parteichefin Angela Merkel vor einer Woche angekündigt hatte, sie werde nicht mehr für das Amt kandidieren. Die Bundeskanzlerin versicherte der SPD am Montag, die CDU stehe auch mit einer neuen Parteispitze zum Koalitionsvertrag.

Diejenigen Christdemokraten, die bislang angekündigt haben, sich um den Parteivorsitz zu bewerben, sollen sich auf acht Regionalkonferenzen der CDU-Basis vorstellen. Eine davon soll im Raum Eisenach stattfinden. Sie werde gemeinsam mit dem Landesverband Hessen organisiert, sagte der Thüringer Landes- und Fraktionsvorsitzende Mike Mohring der »Thüringer Allgemeinen«. Abgesehen von Berlin handele es sich um die einzige derartige Veranstaltung in Ostdeutschland.

Bislang haben nach Merkels Rückzugsankündigung Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer (56), Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (38) und der Fondsmanager Friedrich Merz (62) angekündigt, sich um den CDU-Vorsitz zu bewerben. Darüber hinaus gibt es neun weitere Kandidaturen für das Spitzenamt. Kramp-Karrenbauer wurde am Montag offiziell vom Landesvorstand der Saar-CDU ins Rennen geschickt. »Wir brauchen jetzt vor allem eine Persönlichkeit an der Spitze der Bundespartei, die es schafft zu integrieren«, sagte Ministerpräsident Tobias Hans in Saarbrücken.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus lobte die geplanten Regionalkonferenzen. Der neue Parteivorsitzende werde nicht automatisch als nächster Bundeskanzler gehandelt, betonte Brinkhaus am Montag gegenüber dem SWR. Er glaube nicht, dass die beiden Ämter, wie bisher in der CDU üblich, auch künftig in einer Person vereint sein müssen. Dagegen hat der ehemalige CDU-Generalsekretär Volker Rühe hat am Wochenende im Deutschlandfunk vehement für den Kandidaten Merz geworben - und ausdrücklich hervorgehoben, dieser könne auch der künftige Bundeskanzler werden. Der frühere Bundesverteidigungsminister geht davon aus, dass die Große Koalition vor Ende der Legislaturperiode auseinanderbrechen wird. Dann gebe es »die Chance, ohne Neuwahlen zu einer Jamaika-Koalition zu kommen«, also zu einem Bündnis von CDU/CSU, FDP und Grünen. »Jamaika« war allerdings vor einem Jahr an der FDP gescheitert, die meinte, ihre Ziele dort nicht verwirklichen zu können.

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