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»Unteilbar ist nichts Abgeschlossenes«
Bündnis für eine offene und solidarische Gesellschaft stellte eine Streitschrift vor und diskutierte über Zukunft
»Es war toll am 13. Oktober, aber wir haben den Kampf gegen Rechtsruck und Faschismus noch nicht gewonnen.« Mit diesen Worten begrüßte Christina Clemm, eine Mitinitiatorin der »unteilbar«-Demonstration vom Herbst, am Montagabend im Berliner HAU-Theater die Gäste im gut besuchten Saal. Viele waren gekommen, um zu diskutieren, wie es nach der mit rund einer Viertelmillion Teilnehmern überraschend großen Demonstration für eine »offene und solidarische« Gesellschaft in Berlin weitergeht.
Das Bündnis ging auf die laufenden Debatten nur kurz ein. »›Unteilbar‹ war als divers zusammengewürfeltes Demobündnis gestartet, derzeit gibt es zahlreiche Gespräche«, berichtete Clemm. Anfang des Jahres werde es in Berlin einen zweiten Ratschlag geben, wo das weitere Vorgehen beschlossen werden soll. Nach Informationen von im Bündnis beteiligten Organisationen ist der 16. Februar als vorläufiger Termin angesetzt.
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Der erste bundesweite »unteilbar«-Ratschlag hatte Mitte November, rund einen Monat nach der Großdemonstration, in Berlin stattgefunden. Diskutiert wurde dort unter anderem, wie das Bündnis in Zukunft politisch auftreten und arbeiten könne. Einig waren sich die Teilnehmer laut Berichten darin, dass man eine außerparlamentarische Bewegung sei und sich nicht von oben vereinnahmen lassen wolle. Auch die inhaltliche Zusammenführung von Antirassismus und der sozialen Frage werde weiter als wichtig erachtet.
Zur notwendigen Strategie, wie man als Bündnis weitermachen müsse, hatte es aber offenbar unterschiedliche Sichtweisen gegeben. Mitglieder der trotzkistischen Sozialistischen Alternative (SAV) setzten sich nach eigenen Angaben dafür ein, den Zusammenschluss der verschiedenen Initiativen auch lokal zu organisieren. Diese lokalen Gruppen sollten eine Vernetzung in den Städten vorantreiben. Laut SAV hätten jedoch andere Organisationen Zweifel angebracht, ob man »unteilbar« aufgrund der verschiedenen politischen Ansätze überhaupt zu einer einheitlichen politischen Bewegung ausbauen könne. Entscheidungen oder Abstimmungen habe es daher im November nicht gegeben. »Dass nun gar keine konkreten nächsten Schritte beschlossen wurden, wird dem Bedürfnis vieler Aktivisten nicht gerecht«, heißt es in einer öffentlichen Auswertung der SAV. Damit verliere man Zeit, die man bräuchte, um bei den »anstehenden Wahlen aktionsfähig zu sein«.
Das Bündnis verwies abseits der Strategiedebatte am Montag im HAU-Theater vor allem auf seine jüngst im Ullstein-Verlag veröffentlichte Streitschrift. Das rund 80-seitige Buch versammelt Reden, die auf den Kundgebungen der Demonstration gehalten wurden. Die Einnahmen des Buchverkaufes sollen an »unteilbar« gehen.
Die Podiumsteilnehmer des Abends lasen die Reden von persönlich ausgesuchten Initiativen vor. Kalle Kunkel, ver.di-Gewerkschaftssekretär bei der Berliner Charité, hatte den Text der Berliner Mieterinitiative Kotti und Co. gewählt, der kamerunische Künstler Bonaventure Soh Bejeng Ndikung die Rede der kurdischen Frauenbewegung, die Professorin Manuela Bojadžijev einen Text der Flüchtlingsbewegung »We’ll come united«, die Feministin Anne Wizorek die Rede der Aktion Standesamt für einen dritten Geschlechtseintrag. Die acht aufgezeigten Stimmen sollten die in der gemeinsamen Vielfalt versammelten Differenzen aufzeigen, die Schnittmenge der verschiedenen Diskriminierungs- und Ausbeutungsformen, die »Politik der Begegnungen« des Bündnisses.
Die Moderatorin Margarita Tsomou hielt fest: »Der 13. Oktober war ein Tag der politischen Schönheit, etwas, das uns selber überrascht hat.« Die Idee hinter der Demonstration sei nichts, das abgeschlossen ist – sie habe gerade erst begonnen.
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