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Neue Hürden

Russlands Behörden behindern weiterhin den Zugang zum Moskauer Kontrolllabor. Von wichtigen Datensätzen soll die WADA nur Kopien erhalten

Das Spiel auf Zeit geht weiter. Noch immer haben die Experten der Welt-Antidoping-Agentur WADA nicht den kompletten Zugriff auf alle Dopingproben und Daten des Moskauer Kontrolllabors erhalten. Und das Ende der Frist für Russland, diesen bis zum 31. Dezember zu gewähren, rückt immer näher.

Eine Delegation der WADA war am vergangenen Freitag mit leeren Händen aus Moskau wieder abgereist. In einer Mitteilung danach hieß es: »Das Team konnte seine Mission nicht innerhalb der vorgeschriebenen Zeit abschließen.« Die russischen Behörden hätten überraschend gefordert, dass die WADA ihre mitgebrachte Ausrüstung »nach russischem Recht zertifizieren« müsse, bevor sie mit ihren geplanten Untersuchungen fortfahren könne.

Die internationalen Dopingexperten waren in der vorweihnachtlichen Woche nach Moskau gereist, nachdem Russland und die WADA Ende November eigentlich alle Details des Besuchs miteinander abgestimmt hatten. »Diese Forderung nach Zertifizierungen war damals nicht erhoben worden«, teilte die WADA mit. Zudem scheint noch immer Uneinigkeit darüber zu bestehen, was die WADA aus Moskau mitnehmen darf.

Hintergrund sind die im Herbst beschlossenen Auflagen für eine dauerhafte Wiederzulassung der russischen Antidoping-Agentur RUSADA. So muss Russland bis Jahresende Kontrolleuren den Zugang zum Moskauer Analyselabor und den dortigen Daten und Dopingproben gewähren. Anderenfalls wird die Entscheidung, die RUSADA zuzulassen, doch wieder aufgehoben. Das käme einem Gesichtsverlust für Russland gleich, hätte aber noch viel schwerwiegendere Auswirkungen auf russische Sportler.

Die RUSADA war 2015 wegen massiver Dopingvorwürfe gesperrt worden. Gemeinsam mit Labormitarbeitern, dem Geheimdienst FSB und dem Sportministerium soll sie Tausende Proben nicht ordnungsgemäß analysiert oder trotz positiver Testresultate als negativ gemeldet haben. So sollten vor allem russische Medaillenkandidaten vor Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen vor einer Dopingsperre geschützt werden.

Die WADA will anhand der Rohdaten des Labors prüfen, welche Sportler tatsächlich gedopt hatten, um sie doch noch zu sperren. Chefermittler Günter Younger bestätigte jüngst dem »nd«, dass er bereits eine Datenbank des Labors besitze. Diese werde jedoch vor Gericht immer wieder angefochten: »Da sagen Anwälte, es seien keine Originaldaten, sondern kopierte, die manipuliert sein könnten«, sagte Younger. Also will er die originalen Rohdaten aus Moskau.

Russlands Sportminister Pawel Kolobkow will den Kontrolleuren nun erlauben, diese Daten zu kopieren. »Russland ist bereit, Kopien der Datenbank zur Verfügung zu stellen, aber in Übereinstimmung mit dem russischen Gesetz«, sagte er am Mittwoch im Fernsehsender »Rossija 24«. Er stellte dies als beispiellose Entscheidung dar, deren Details noch geklärt werden müssten. Die WADA hatte allerdings bislang immer darauf bestanden, die Originaldaten auszuwerten - keine Kopien. »Ich bin sicher, dass wir eine gemeinsame Sprache finden und die WADA zufriedenstellen«, sagte der Minister. Er habe auch nichts gegen einen erneuten Besuch der Kontrolleure. »Wir können sie morgen empfangen.«

Der Chef der RUSADA warnte indes davor, die Arbeit der WADA zu behindern. Wenn der Zugriff auf die Datenbank mit Proben russischer Sportler nicht gewährt werde, sei die erste Bedingung für eine dauerhafte Zulassung seiner Organisation nicht erfüllt, sagte Juri Ganus am vergangenen Sonnabend russischen Medien. »Ich hoffe, dass nächste Woche Zugang gewährt wird. Bis jetzt ist dieses Problem nicht gelöst.« Ansonsten sei zu befürchten, dass russische Athleten nicht an internationalen Wettbewerben teilnehmen könnten, sagte Ganus, der seit Juli 2017 im Amt ist.

Der Weltverband der Leichtathleten IAAF hatte zuletzt seine eigene Sperre des russischen Nationalverbands mit dem Argument verlängert, erst die Originaldaten aus dem Moskauer Labor sehen zu wollen. Zudem müssen russische Sportler für das kommende Jahr neue Anträge stellen, wenn sie erneut zumindest als »Neutrale Athleten« an den Start gehen wollen. Dies war manchen von ihnen gestattet worden, wenn sie außerhalb des heimischen Dopingsystems trainiert hatten und mehrfach von internationalen Kontrolleuren getestet worden waren. Die Beweislast liegt bei den Sportlern selbst. Sie hatten gehofft, dies ab 2019 nicht mehr tun zu müssen. Doch es scheint, als fände der Streit zwischen den Behörden und Agenturen doch kein Ende.

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