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AfD verklagt Verfassungsschutz
Rechtspartei will Bezeichnung als »Prüffall« untersagen / Erfolgsaussichten laut Experten gering
Berlin. Die AfD will nicht länger öffentlich vom Verfassungsschutz als »Prüffall« bezeichnet werden. Man habe Klage beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht, erklärte am Mittwoch ein AfD-Sprecher. Die Bekanntmachung des Prüffalls durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erschwere »die Ausübung der parteilichen Tätigkeit« in »erheblichem Maße«, zitierten die Medien aus der 97 Seiten umfassenden Klageschrift vom 4. Februar.
Eine Partei kann zum Prüffall werden, wenn die Behörden erste Anzeichen für »extremistische« Bestrebungen erkennen. Bei einem Prüffall ist eine Beobachtung mit V-Leuten oder anderen nachrichtendienstlichen Mitteln aber grundsätzlich nicht erlaubt. BfV-Chef Thomas Haldenwang hatte die Entscheidung am 15. Januar öffentlich gemacht.
Die AfD hält dem Bericht der »Süddeutschen Zeitung« zufolge auch die Einstufung der Gesamtpartei als »Prüffall« für fragwürdig. Damit sei noch keine offizielle Entscheidung gefallen. Somit fehle es dem Verfassungsschutz an einer juristischen Grundlage für seine öffentlichen Äußerungen. Für jede Wiederholung soll das BfV nach dem Willen der AfD demnach ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000 Euro bezahlen.
Der »Flügel« um den Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke war sogar zum Verdachtsfall erklärt worden. Damit ist der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel möglich, wenn auch nur sehr eingeschränkt. Beispielsweise ist dann eine Observation gestattet, ebenso das Einholen bestimmter Informationen von Behörden. V-Leute und die Überwachung von Telekommunikation sind erst erlaubt, wenn eine Organisation als Beobachtungsobjekt eingestuft wird. Auch die Nachwuchsorganisation »Junge Alternative« wird vom BfV nun als Verdachtsfall behandelt.
Die Parteienrechtlerin Sophie Schönberger hält einen Erfolg der AfD »für nicht sehr wahrscheinlich, wenn auch nicht völlig abwegig«, wie sie der »Tagesschau« sagte. »Was der Verfassungsschutz in seiner Öffentlichkeitsarbeit machen darf, ist im Einzelnen juristisch umstritten.« Tatsächlich habe der Verfassungsschutz Neuland betreten.
Auch für CDU-Politikers Patrick Sensburg hat die Klage wenig Erfolgschancen. Über eine mögliche Beobachtung der Partei werde seit Monaten diskutiert, auch in den Medien, sagte Sensburg dem »Handelsblatt«. »Durch diese öffentliche Aufmerksamkeit war es wichtig, dass der Bundesverfassungsschutz Klarheit über den Umfang der Überprüfung schafft.«
Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz erklärte, es sei das gute Recht der AfD, eine bestimmte Frage gerichtlich prüfen zu lassen. »Das gilt auch, wenn das verfolgte Begehren der AfD, das Bundesamt für Verfassungsschutz auf mehr Intransparenz verklagen zu wollen, eher kurios anmutet«, so von Notz. Es gebe ein hohes öffentliches Interesse an der Frage, »wie die zuständige Behörde das Agieren der AfD einschätzt«. Agenturen/nd
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