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Streit um Jemen-Hilfe
Saudi-Arabien verlangt Kontrolle über Einfuhr und Verteilung der Lebensmittel
Abdul Rahim und Abdul Khalek waren gerade einmal zehn Tage alt, als sie Anfang der Woche ins Zentrum der internationalen Diplomatie gerieten: Die beiden siamesischen Zwillinge, die von der Hüfte abwärts zusammen gewachsen sind, müssten sterben, wenn sie nicht bald operiert werden, warnte das saudische Außenministerium, und Saudi-Arabien wäre dazu bereit, die nötige Hilfe anzubieten. Nur: Die Säuglinge befinden sich in Sana‘a in Jemen, das von den Huthi-Milizen kontrolliert wird, und die werfen Saudi-Arabien vor, die beiden Jungen instrumentalisieren zu wollen.
Zwischen den beiden Haupt-Konfliktparteien im Jemen-Krieg, also den Huthi-Milizen auf der einen Seite, und der vor allem von Saudi-Arabien unterstützten Regierung auf der anderen Seite, ist ein Kampf um Hilfslieferungen ausgebrochen: Mindestens 50.000 Menschen sind Kämpfen zum Opfer gefallen, sagen die Vereinten Nationen; 85.000 Kinder unter fünf Jahren könnten in den vergangenen zweieinhalb Jahren verhungert sein, hat die britische Hilfsorganisation »Save the Children« ausgerechnet. Und 400.000 Kinder unter fünf Jahren litten an Hunger; hinzu kommen alle über fünf Jahre alten Kinder. Betroffen sind vor allem die Menschen im von den Huthi-Milizen kontrollierten Norden des Landes; Jaya Sarea, Sprecher der Huthi, wirft Saudi-Arabiens Regierung deshalb vor, humanitäre Hilfe als Waffe einzusetzen.
Vehement fordert man in Riad von den Vereinten Nationen die Kontrolle über die Einfuhr und die Verteilung der Hilfsgüter; schon vor langer Zeit hat man dafür einen sehr komplizierten Mechanismus vorgestellt: Nur so könne sicher gestellt werden, dass die Hilfe auch dort ankommt, wo sie gebraucht wird, sagt ein Sprecher des saudischen Außenministeriums. Die Huthi-Milizen haben den Plan zurückgewiesen, wollen die Koordinierung in den Händen der Vereinten Nationen belassen, und auch in der Militärallianz gibt es darüber Streit: Mittlerweile hat Marokko unter Verweis auf die kritische Haltung der eigenen Öffentlichkeit die Mitgliedschaft gekündigt.
Deren Mitarbeiter vor Ort werfen indes allen Konfliktparteien mangelhafte Kooperationsbereitschaft vor: So lagert in der Hafenstadt Hodeidah genug Getreide, um 3,7 Millionen Menschen für einen Monat zu ernähren; seit Mitte vergangenen Jahres eine Offensive auf die von den Huthis kontrollierte Stadt begann, ist der Zugang aber blockiert; der UNO-Nothilfekoordinator Mark Lowcock spricht von »einer geteilten Verantwortung«, sehr zum Gram der offiziellen Regierung und Saudi-Arabiens, die die Offensive in den arabischen Medien als Kampf um den Zugang zu Nahrung und medizinischen Gütern darstellen.
Doch ein im Dezember vereinbarter Truppenabzug aus Hodeidah unter Aufsicht einer UNO-Beobachtertruppe wurde bislang nicht umgesetzt; es hapert vor allem an der Zusammenstellung einer örtlichen Polizei, die für Ordnung in der Stadt sorgen soll: Regierung und Huthi versuchen vehement, ihre eigenen Leute in diese Einheit zu bringen.
Ursprünglich war der Niederländer Patrick Cammaert mit der Leitung der UNO-Beobachter betraut worden; doch Ende Januar wurde er nach nur etwas mehr als einem Monat von dem dänischen General Martin Lollesgaard abgelöst. Mitarbeiter der UNO vor Ort berichten, zwischen Cammaert und dem britischen UN-Vermittler Martin Griffiths habe es Streit über den Umgang mit den Huthi gegeben; sie warfen ihm vor, die Regierungsseite zu begünstigen. Mitte Januar war Cammaert auch von Huthi-Milizen beschossen worden.
Gleichzeitig geraten aber auch westliche Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ins Zentrum der Aufmerksamkeit: CNN berichtete, das saudische Militär habe aus den USA stammende Rüstungsgüter an die »Gigantenbrigade« geliefert, eine Miliz, die eigentlich Al Qaida nahesteht, aber zumindest sporadisch auf Seite der Regierung kämpft. Saudi-Arabiens Militär hält dagegen, es habe sich um »beschädigte Militärfahrzeuge« gehandelt.
Amnesty International wirft zudem auch den VAE vor, vom Westen gelieferte Waffen an nicht näher genannte Milizen weiterzugeben. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der VAE erklärte dazu, dass » wir im Rahmen der Vereinbarungen zwischen den an der Militärkoalition beteiligten Staaten die Kräfte unterstützen, die sich am Kampf gegen die Huthi und die iranische Bedrohung beteiligen.«
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