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Vorbereitung auf die Krise
Stephan Kaufmann über Kritik an der Schuldenbremse
Vor zehn Jahren wurde in Deutschland die Schuldenbremse beschlossen. Zwar gab es damals einige kritische Stimmen. Doch die Mehrheit des politökonomischen Sachverstandes hielt sie für wirtschaftlich solide fundiert und schlicht notwendig. Denn sie führe Deutschland auf den Pfad der finanziellen Tugend zurück, war man überzeugt. Gemessen daran ist es bemerkenswert, wie schnell die Schuldenbremse in Verruf geraten ist.
Bremsen-Kritiker finden in Deutschland derzeit mehr Gehör. Ihre theoretischen Argumente sind zwar die alten. Neu ist allerdings die praktische Situation: Der nächste Abschwung steht vor der Tür, die nächste Krise vielleicht dahinter. Da die Zentralbank in Europa noch voll im Krisenmodus ist und daher einem Abschwung wenig entgegenzusetzen hätte, wird die Stabilisierung der Konjunktur zur Aufgabe der Fiskalpolitik: Höhere Staatsdefizite stehen an - und Sparsamkeitsgebote damit im Weg.
Die Schuldenbremse wackelt, aber sie fällt nicht. Voraussichtlich wird sie nicht aus dem Grundgesetz gestrichen. Aber schon jetzt ist abzusehen, dass die Defizit-Regel großzügig ausgelegt wird. Das ist möglich, schließlich lässt sie eine höhere staatliche Neuverschuldung zu, wenn die wirtschaftliche Entwicklung von der »Normalkonjunktur« abweicht, wobei »normal« einen dehnbaren Interpretationsspielraum eröffnet.
Auf die Frage, ob die Schuldenbremse »genügend Spielraum« lasse, antwortete Finanzminister Olaf Scholz diese Woche schlicht: »Ja.« Das bedeutet, dass sich die Politik von ihrem Spargebot nicht einschränken lassen wird. Deutschland ist schließlich nicht Griechenland oder Portugal.
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