Sudans Armee setzt al-Baschir ab

Übergangsregierung unter Führung der Streitkräfte stößt auf Protest der zivilen Opposition

Der 30. Jahrestag war in Sichtweite, doch Omar al-Baschir wird am 30. Juni nicht mehr an Sudans Schalthebeln sitzen. 1989 hatte al-Baschir mit einer Gruppe Offiziere die Macht in Sudan nach einem unblutigen Militärputsch gegen den Premierminister Sadiq al-Mahdi übernommen. Am 11. April 2019 lief seine Zeit nach monatelangen Protesten der Bevölkerung gegen die soziale Lage ab.

Das Militär hat al-Baschir einst in den Regierungssessel gehoben, das Militär hat ihn nun auch wieder entfernt. »Die Armee war in Sudan immer der Schlüssel zum Erfolg eines Aufstands«, zitiert die Nachrichtenagentur AFP den US-amerikanischen Sudan-Spezialisten Eric Reeves.

Der erste Fahrplan für die NachBashir-Zeit steht: Es werde eine von den Streitkräften geführte Übergangszeit von zwei Jahren geben, sagte Awad Ibn Auf in einer TV-Ansprache, die die am Donnerstag sich auf den Straßen versammelnden Menschen sehnlichst erwartet hatten, nachdem am frühen Morgen Radio- und Fernsehprogramm unterbrochen worden waren. Die Gerüchte über die Festnahme und den bevorstehenden Abgang von Omar al-Baschir machten daraufhin die Runde.

Ibn Auf, der erst Ende Februar von Baschir zum Vize-Präsidenten ernannt worden war, verkündete einen dreimonatigen landesweiten Notstand. Die Verfassung aus dem Jahr 2005 sei außer Kraft gesetzt worden. Die Grenzen und der Luftraum seien geschlossen worden. Für das ganze Land, einschließlich der Krisenregion Darfur, gilt demnach ab sofort eine Waffenruhe.

Die Anführer der regierungskritischen Massenproteste in Sudan haben den Putsch der Streitkräfte verurteilt und eine zivile Übergangsregierung gefordert. Die Sitzblockade vor der Zentrale der Streitkräfte in der Hauptstadt Khartum und Proteste in den Straßen sollten weitergehen, forderte die Opposition am Donnerstag in einer gemeinsamen Mitteilung auf Facebook. Das Militär solle vielmehr eine Übergangsregierung stützen.

Tausende Menschen gingen am Donnerstag auf die Straße und feierten, wie ein dpa-Reporter berichtete. Etliche liefen demnach mit der Flagge Sudans durch die Straßen oder riefen Parolen wie, »endlich werden wir das al-Baschir-Regime los«. Tausende Menschen strömten auf den Platz vor der Zentrale der Streitkräfte in Khartum, auf dem Demonstranten seit Samstag mit einer Sitzblockade protestierten.

Der 75-jährige al-Baschir soll nach unbestätigten Informationen entweder unter Hausarrest stehen oder sich auf den Weg nach Saudi-Arabien gemacht haben.

Unterdessen stürmten laut einem Augenzeugenbericht Soldaten den Sitz von Baschirs Islamischer Bewegung in der Hauptstadt Khartum. Der gefürchtete Geheimdienst des Landes kündigte unterdessen die Freilassung aller politischen Gefangen an, wie die amtliche Nachrichtenagentur Suna berichtete. In den Städten Kasala und Port Sudan stürmten Demonstranten Gebäude des mächtigen Nationale Geheim- und Sicherheitsdienst (Niss). Sie hätten die Büros geplündert und Ausrüstung mitgehen lassen, berichtete ein Augenzeuge per Telefon aus Kasala.

Al-Baschirs Flucht nach vorne hat dieses Mal nicht mehr verfangen. Mit dem Ende Februar verhängten einjährigen Ausnahmezustand und mit einer runderneuerten Regierung wollte er noch einmal die Kurve kriegen. Seit Ende 2018 waren in vielen Städten die Menschen gegen massiv gestiegene Brotpreise, Korruption und die anhaltende Wirtschaftskrise auf die Straßen gegangen. Zuvor hatte die Regierung die Zuschüsse für Weizen und Benzin gekürzt, was dazu führte, dass sich der Brotpreis verdreifachte. Viele Sudanesen geben nun fast die Hälfte ihres Gehalts für Brot aus.

Rasch weiteten sich die Demonstrationen zu Protesten gegen den seit 30 Jahren autoritär herrschenden Präsidenten aus. Bei gewaltsamen Zusammenstößen wurden offiziellen Angaben zufolge bislang 49 Menschen getötet. Seit Samstag harrten Demonstranten vor dem Armee-Hauptquartier in Khartum aus, um das Militär zum Überlaufen zu bewegen.

Mit Agenturen

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