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Eine Mutter für jeden Kiez
Integrationsprojekt Stadtteilmütter soll auf ganz Berlin ausgeweitet werden
»Für mich war es damals verdammt schwierig, mich in Deutschland zu orientieren«, sagt Serap Gündar heute. Damals, das war nachdem sie als Jugendliche mit ihren Eltern aus der Türkei nach Berlin gekommen war. Heute ist sie engagierte Stadtteilmutter in Kreuzberg. »Ich war von Anfang an dabei«, sagt Gündar stolz. In Schulen, Kitas, im Familiencafé und in der zweisprachigen Spielgruppe trifft sie seit 2004 junge Eltern mit Migrationshintergrund, denen es ohne ihre Unterstützung vielleicht genauso ergehen würde wie ihr damals.
»Ich hatte diese Hilfsmöglichkeit ja nicht«, sagt Gündar. Umso mehr freut sie sich darüber, dass ein neues Landesprogramm die Finanzierung des Projekts nun erst einmal sichert. Auch die Anzahl der Stadtteilmütter soll mit dem Programm ab 2020 innerhalb von fünf Jahren verdoppelt werden: von derzeit 157 Stadtteilmüttern, von denen 148 allein in Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Neukölln im Einsatz sind, auf insgesamt 300 im Jahr 2025. Auch die sukzessive Ausweitung des Angebots auf ganz Berlin ist in dem in der vergangenen Woche vom Senat beschlossenen Programm vorgesehen. Die erwarteten Kosten sollen sich bis einschließlich 2024 auf insgesamt 43 Millionen Euro belaufen.
Bisher wurden Stadtteilmütter über verschiedene Programme und durch bezirkliche Mittel finanziert, oder sie engagierten sich ehrenamtlich. Weil die Förderprogramme nach einiger Zeit immer wieder ausliefen, war die Arbeit der Stadtteilmütter in den vergangenen Jahren oft gefährdet. Das neue Landesprogramm gibt dem Projekt nun finanzielle Sicherheit und verbessert auch die Arbeitsbedingungen der Stadtteilmütter: erstmals werden sie dann nach Tarif entlohnt und sind sozialversicherungspflichtig angestellt. Bedenkt man, welche wichtige Aufgabe sie leisten, kann man sich fragen, warum sich der Senat damit so lange Zeit gelassen hat.
Die Qualifizierung zur Stadtteilmutter dauert ein halbes Jahr und umfasst rund 200 Stunden Theorie und 50 Praxisstunden. Teil der Ausbildung sind Exkursionen zu Behörden und Beratungsstellen. Nach bestandener Prüfung erhalten die Frauen ein Zertifikat und können dann als Multiplikatorinnen Eltern mit Migrationsgeschichte und Kinder im Alter von null bis zwölf Jahren unterstützen. Dabei geht es um Bildungsfragen, wie etwa die Schulanmeldung oder darum, einen Kitaplatz zu finden. Die Stadtteilmütter sprechen neben Deutsch auch ihre Herkunftssprache, oft türkisch oder arabisch, aber auch Stadtteilmütter, die bulgarisch oder kurdisch sprechen, sind im Projekt dabei. »Viele Eltern gehen nicht zum Elternabend, weil sie kein Deutsch verstehen«, erklärt Gündar. »Wir können sie dann begleiten und als Sprachmittlerinnen tätig werden«. Auch bei der Gesundheitsversorgung oder finanziellen Schwierigkeiten helfen die Stadtteilmütter, wenn etwa Unterstützung benötigt wird, die richtige Beratungsstelle zu finden.
»Wenn es um Kindererziehung, Sprachförderung, den Bildungsweg und einen gesunden Lebensstil geht, können Stadtteilmütter Brücken bauen und wesentliche Informationen und Werte vermitteln«, erklärt die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie Sandra Scheeres (SPD) am Dienstag. »Stadtteilmütter tragen so zur Integration und Teilhabe von Menschen aus anderen Kulturen bei.«
Aber auch für die Stadtteilmütter selbst sei das Projekt eine Chance, betont Projektleiterin Maria Macher. »Viele Frauen haben als Stadtteilmütter erfahren, wie es im Berufsleben in Deutschland ist.« Das Projekt sei ein guter Einstieg in die Arbeitswelt. Einige Frauen seien etwa zu Sozialassistentinnen ausgebildet worden. Dabei handelt es sich um eine staatliche Prüfung, die einem mittleren Bildungsabschluss gleichkommt und den Frauen damit neue Chancen eröffnet.
Das bestätigt auch Hanaa Natour, die vor 17 Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen ist. Bereits seit sieben Jahren arbeitet sie als Stadtteilmutter. Ihr neuestes Ziel ist es, in Zusammenarbeit mit einer Kita sowohl die Deutsch-, als auch die Arabischkenntnisse der Kinder zu verbessern. »Ich habe in den letzten Jahren viel gegeben«, sagt sie. »Aber ich habe auch viel von den Familien zurückbekommen«.
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