»Missbrauch muss unterbunden werden«

Der Präsident des Mieterbunds, Franz-Georg Rips, will Geldmacherei mit möblierten Wohnungen verbieten

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 4 Min.

Auf dem Deutschen Mietertag spielt die Forderung nach mehr Fördermitteln für sozialen Wohnungsbau eine zentrale Rolle. Das ist allerdings nur eine zeitlich befristete Mietensubvention. Wie will man so nachhaltig die Wohnungskrise überwinden?

Wir sind da ganz eindeutig und fordern eine Koppelung der öffentlichen Förderung an die Schaffung dauerhaft gebundenen Wohnraums, wie es seit vielen Jahrzehnten in Wien praktiziert wird. Und natürlich unterstützen wir auch die Idee, dass Wohnungen unmittelbar in kommunaler Verantwortung gebaut und dafür auch entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden. Es sind ja die Kommunen, die unmittelbar mit der Wohnungsnot konfrontiert sind. Dort muss man ansetzen und da könnte man auch am ehesten Erfolge erzielen. Ein weiteres Instrument wäre die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit auch für private Bauträger, wo mit Steuervorteilen und bevorzugter Baulandvergabe entsprechende Anreize für Bauherren geschaffen werden könnten.

Franz-Georg Rips

Franz-Georg Rips ist seit 1994 in leitenden Funktionen im Deutschen Mieterbund (DMB) tätig, seit 2007 als dessen Präsident. Beim Mietertag (13.-15. Juni) in Köln wird Rips aus Altersgründen nicht erneut als Präsident kandidieren. Über die Effizienz bisheriger mietenpolitischer Vorstöße und seine Haltung zur Initiative »Deutsche Wohnen und Co. enteignen«, sprach mit ihm Rainer Balcerowiak.

Foto: Deutscher Mieterbund

Der Mieterbund fordert auch, das Recht auf angemessenen Wohnraum in das Grundgesetz aufzunehmen. Wie könnte denn so eine Verfassungsnorm in konkreten Fällen umgesetzt werden?

Es wäre sicherlich kompliziert, das dann in Einzelfällen einklagen zu können. Aber die Aufnahme dieses Grundrechts ins Grundgesetz könnte eine große Ausstrahlungswirkung entwickeln und hätte für die Auslegung und Bewertung von wohnungsrechtlichen Gesetzen eine entscheidende Bedeutung.

Der Mieterbund will den Schutz der Mieter vor Eigenbedarfskündigen durch Wohnungsbesitzer einschränken. Nur: Damit wird das Übel nicht an der Wurzel gepackt. Wäre es nicht zielführender, sowohl die Umwandlung bestehender Mietwohnungen in Eigentum als auch die Kündigung bestehender Mietverhältnisse in Eigentumswohnungen generell auszuschließen?

Wir haben im Grundgesetz nun mal den Eigentumsschutz, der natürlich auch Wohnungsbesitzern grundsätzlich ermöglicht, ihr Eigentum für sich zu nutzen. Wir möchten bei bereits langjährig vom Eigentümer vermieteten Wohnungen diese Möglichkeit ausschließen und zwar nach fünf Jahren. Das wäre meines Erachtens eine machbare Lösung, die auch den verfassungsrechtlichen Aspekten gerecht würde.

Auf dem deutschen Wohnungsmarkt hat sich eine sehr große Grauzone entwickelt. Immer mehr Wohnungen werden möbliert angeboten und unterliegen dann keiner Preisregulierung durch die jeweiligen Mietspiegel oder durch die Mietpreisbremse bei Neuvermietungen. Wie könnte diese Grauzone beseitigt werden?

Dieser Missbrauch muss grundlegend unterbunden werden. Es darf keine Möglichkeiten geben, für Möblierungen von Wohnungen zusätzliche Vergütungen zu verlangen. Das muss gesetzlich ausgeschlossen werden.

Nicht nur, aber besonders in Berlin werden derzeit radikale Lösungsansätze für die Krise der sozialen Wohnraumversorgung diskutiert. Ein Volksinitiative mit dem Ziel eines Volksentscheids zur Enteignung großer Immobilienkonzerne findet großen Zuspruch, auch in Teilen der Berliner Landesregierung. Unterstützen Sie diese Initiative?

Ich bin da eher skeptisch, vor allem weil die möglichen Folgen einer solchen Maßnahme noch nicht ausreichend geklärt sind. Wie lange wird das dauern? Was wird das kosten, da die bisherigen Eigentümer ja entschädigt werden müssten? Wir beschäftigen uns im Deutschen Mieterbund intensiv mit diesem Thema, aber wir haben noch keine fertige Antwort.

Ein weiteres Instrument, dass der Berliner Senat noch in diesem Jahr auf den Weg bringen will, ist ein genereller »Mietendeckel«, mit dem Bestands- und Neuvertragsmieten zunächst für fünf Jahre eingefroren werden sollen. Halten Sie das für einen gangbaren Weg?

Das Mietpreisrecht ist eigentlich Angelegenheit des Bundes. Aber es scheint mittlerweile geklärt zu sein, dass die Bundesländern aufgrund der föderalen Struktur weitreichende Kompetenzen in diesbezüglichen Fragen haben. Wir stehen diesem Vorstoß der Berliner Landesregierung sehr aufgeschlossen gegenüber. Allerdings sehen wir auch das Problem, dass auf diese Weise ein mietrechtlicher Flickenteppich in Deutschland entstehen könnte, was ja auch kein erstrebenswerter Zustand wäre.

Nach 25 Jahren in leitenden Funktionen werden Sie auf dem bevorstehenden Kongress nicht wieder für das Amt des Präsidenten kandidieren und sich aus der Führung des Mieterbundes zurückziehen. Wie sieht denn Ihre persönliche Bilanz nach dieser langen Zeit aus?

Es war eine sehr schöne Aufgabe, für Mieterinteressen in Deutschland zu kämpfen. Und natürlich muss ich auch konstatieren, dass wir vieles, was wir uns vorgenommen haben, nicht erreicht haben. Die Arbeit des Mieterbundes, seiner örtlichen Gruppen und der vielen Initiativen muss also weitergehen. Und ich werde mich auch nach dem Rückzug vom Präsidentenamt weiterhin aktiv für Mieterinteressen in diesem Land einsetzen.

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