Debatte zum Mietendeckel köchelt weiter

Auch am Tag nach der Verkündigung wurde das Einfrieren der Mieten in Berlin für fünf Jahre kontrovers diskutiert

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Erleichterung in der Koalition war am Mittwoch mit Händen zu greifen. Stolz war man in den rot-rot-grünen Reihen vor allem darüber, dass es am Vortag doch noch mit der Verabschiedung der Eckpunkte zum sogenannten Mietendeckel geklappt hatte. Und sich die Koalition nicht kurz vor knapp in weitere Streitereien verstrickte. So kann die Koalition jetzt mit einem Vorhaben glänzen, das weit über die Landesgrenzen, ja sogar international, für Aufsehen gesorgt hat.

»Mit dem Mietendeckel werden wir in Berlin die Mieten für fünf Jahre einfrieren und endlich Modernisierungsumlagen auf ein für die Mieterinnen und Mieter leistbares Maß beschränken«, erklärte der SPD-Landesvorsitzende Michael Müller, der als Regierender Bürgermeister dem Mitte-links-Bündnis vorsteht. Dazu würden die Kompetenzen als Land genutzt, vom Bund gingen immer noch zu wenige und nur halbherzige Mietrechtsänderungen aus, kritisierte Müller in einer Erklärung der SPD. Man müsse die jetzt vor untragbaren Mieten und wilder Spekulation schützen, so Müller. Die SPD in Berlin hatte sich als Erste öffentlich für einen Mietendeckel ausgesprochen.

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Von den Verbänden hagelte es zur Verabschiedung des Eckpunkte-Papiers zur Mietenregulierung aber auch viel Kritik. »Der geplante Berliner Mietendeckel ist ganz grundsätzlich das falsche Instrument um eine Entspannung auf dem Berliner Wohnungsmarkt zu erreichen«, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder. Die Berliner Wirtschaft warne seit Beginn der Debatte vor den Risiken und Nebenwirkungen. Eders Schreckenszenario: Vermieter würden weniger Rücklagen für notwendige Investitionen oder Reparaturen bilden. Derart »massive Markteingriffe« seien ein »fatales Signal« für die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes. Die Ressourcen sollten besser zur Aktivierung von Bauflächen und schnelleren Vergaben von Baugenehmigungen eingesetzt werden. Auch die Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg, Manja Schreiner, stellte sich öffentlich gegen den Senatsbeschluss zum Einfrieren der Bestandsmieten. »Investoren, die bislang rund 85 Prozent der Wohnungen in Berlin bauen, werden andere, politisch kalkulierbare, Märkte bedienen«, behauptete Schreiner. Damit könne Berlin seine bau- und klimapolitischen Ziele auch in Zukunft nicht erreichen, hieß es.

Bis zum 15. Oktober dieses Jahres will die Verwaltung von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) nun auf Grundlage der Eckpunkte ein Gesetzesentwurf zum Mietendeckel erarbeiten. Damit das Gesetz Anfang des Jahres nicht nur in Kraft treten kann, sondern auch funktioniert, bedarf es nach der Verabschiedung weiterer Schritte. »Wir werden ein Wohnungskataster aufbauen«, kündigte Lompscher an. Außerdem dürfte es sicher auch noch Gespräche zwischen Senat und den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften geben, damit diese ihre Neubaupläne wegen der zu erwartenden Mietausfälle nicht herunterfahren. So oder so dürfte sich die Debatte in den kommenden Tagen und Wochen fortsetzen.

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