- Politik
- EU-Kommission
Von der Leyen auf Werbetour
Potenzielle EU-Kommissionspräsidentin trifft Ratspräsident Tusk und »Vorgänger« Juncker
An ihrem möglichen Vorgänger wird es nicht scheitern: Der scheidende EU-Kommissionsvorsitzende Jean-Claude Juncker begrüßte Ursula von der Leyen am Donnerstag in Brüssel mit demonstrativer Herzlichkeit. Sowohl der Luxemburger als auch die Deutsche gehören der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP) an und liegen politisch auf einer Wellenlänge. Mehr als Fotos gab der Termin nicht her, weder die deutsche Verteidigungsministerin noch der ehemalige luxemburgische Ministerpräsident stellten sich Fragen von Journalisten.
Redseliger war von Leyens zweiter hochrangiger Gastgeber in Brüssel: EU-Ratspräsident Donald Tusk. Der polnische Spitzenpolitiker verteidigte bereits vor dem Zusammentreffen die Nominierung von Ursula von der Leyen zur Präsidentin der Europäischen Kommission in Straßburg. Dort wies er Kritik an der Auswahl hinter verschlossenen Türen zurück. Der Rat der Staats- und Regierungschefs sei genauso demokratisch legitimiert wie das Europaparlament, sagte Tusk vor den Abgeordneten am Donnerstagvormittag in Straßburg. »Letztlich müssen wir uns gegenseitig respektieren und miteinander arbeiten, denn nur dann können wir Vertrauen aufbauen und Europa zum besseren verändern«, sagte Tusk. Vor der Entscheidung über die EU-Spitzenjobs habe er sich viele Male mit Vertretern des Parlaments getroffen, »um sicherzustellen, dass die Entscheidungen wirklich gemeinsam sind«. Beim Treffen mit von der Leyen empfahl Tusk ihr die Aufnahme von Grünen in die neue Kommission.
Tusks Rat kam nicht von ungefähr. Die Grünen schließen eine Unterstützung abhängig von Zusagen von der Leyens nicht aus. »Wir Grünen stehen der Nominierung von Ursula von der Leyen höchst skeptisch gegenüber«, erklärte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. »Wir werden zügig eine öffentliche Anhörung mit von der Leyen in unserer Fraktion im Europaparlament organisieren.«
Von der Leyen war auf dem EU-Gipfel am Dienstag überraschend als Junckers Nachfolgerin nominiert worden. Schon am Mittwoch reiste sie nach Straßburg, um bei Europaabgeordneten um Unterstützung zu werben. Sie kündigte an, an der Spitze der Europäischen Union eng mit den Abgeordneten und dem Europäischen Rat zusammenarbeiten zu wollen. In den kommenden zwei Wochen wolle sie einen »intensiven Dialog« mit den unterschiedlichen Fraktionen und Gruppen führen und vor der Abstimmung im Parlament ihre Vision für die EU darlegen.
Von der Leyen soll am Vormittag des Sitzungstages des Parlaments am 16. Juli in Straßburg zunächst eine Rede im Plenum halten. Anschließend folgt eine Debatte über ihre Kandidatur. Danach stimmen die EU-Abgeordneten ab.
Erhält von der Leyen die absolute Mehrheit, tritt sie ihr Amt offiziell am 1. November 2019 an. Im Plenum mit insgesamt 751 Abgeordneten wären das 376 Parlamentarier, wobei nur die gültigen Stimmen gezählt werden und nicht klar ist, ob alle Abgeordneten vertreten sein werden.
Bekommt sie diese Mehrheit nicht, müssen die Mitgliedstaaten innerhalb eines Monats einen anderen Kandidaten vorschlagen. Der Europäische Rat beschließt mit sogenannter verstärkter qualifizierter Mehrheit. Das heißt, 21 Staaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung müssten zustimmen. Über den neuen Kandidaten würde dann in der Sitzung des EU-Parlaments im September abgestimmt.
Der Europäische Rat beschließt dann im Einvernehmen mit dem gewählten Kommissionspräsidenten eine Kandidatenliste für die Posten der 27 EU-Kommissare. Die Designierten werden in den Parlamentsausschüssen ihrer Aufgabenbereiche angehört, voraussichtlich im September und Oktober. Mit Agenturen
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.