Von vorvorgestern

Kurt Stenger über einen Gedenktag des Bundes der Steuerzahler

Diese Interessenvertretung haben die Steuerzahler nicht verdient. Der Bund der Steuerzahler agiert seit Langem mit einem volkswirtschaftlichen Verständnis von vorvorgestern, findet aber immer noch Gehör. Ein Highlight der Lächerlichkeit ist der »Steuerzahlergedenktag«, den der Verein für 2019 auf diesen Montag taxiert. Erst jetzt würden Arbeitnehmer für sich arbeiten, denn sie müssten 53,7 Prozent des Lohns an den Staat abführen, heißt es. Die weit seriösere OECD kommt hingegen nur auf 49,5 Prozent. Die ganze Herangehensweise ist demagogisch, denn der Großteil sind nicht Steuern, sondern Sozialabgaben - diese fließen als Renten, Gesundheitsleistungen oder Arbeitslosengeld wieder zurück. Eigentlich müssten diese und auch sonstige Zahlungen wie Kindergeld abgezogen werden. Dem Steuerzahlerbund geht es aber nicht um Aufklärung, sondern um plumpes Steuer- und letztlich auch Sozialstaatsbashing. Ein Gemeinwesen kann ja nur dann zum Wohle aller und besonders der Schwachen funktionieren, wenn es auskömmliche Einnahmen hat.

Der dubiose Gedenktag verstellt zudem den Blick auf die vielen echten Skandale im deutschen Steuerwesen: milliardenschwere klimaschädliche Subventionen, Schlupflöcher für Immobilienspekulanten, die sehr niedrige Vermögensbesteuerung oder das Ehegattensplitting, das alte Rollenbilder fördert. Mit all dem hat der Steuerzahlerbund kein Problem.

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