Kein Nazikult in der Hauptstadt

Statt einer neuen Auflage des »Heß-Marsches« erlebte Berlin Protestaktionen gegen Neonazis

  • Philip Blees
  • Lesedauer: 2 Min.

Anwohner*innen auf der Route des »Heß-Marsches« und Antifaschist*innen hatten sich am Samstagmorgen zu Protestkundgebungen zusammengefunden. Doch die Nazis marschierten nicht auf.

Am Alexanderplatz findet die Kundgebung des »Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin« statt, das von einer Vielzahl von Vereinen, Kirchen und Gewerkschaften unterstützt wird. Rund 200 Menschen halten Schilder in die Luft oder tragen Transparente gegen Rechts, Musik wird gespielt. Vereinzelt versuchen Personen Stadtkarten zu entschlüsseln - ob es sich um Touristen handelt oder um Antifaschist*innen, die die möglichen Aktionen planen, ist nicht erkennbar.

Letztere hatten Aktionen abseits des zivilgesellschaftlichen Protests angekündigt. Laut Polizei werden vereinzelt »auffällig gekleidete Personen« kontrolliert. Zu größeren Vorfällen kommt es nicht, obwohl auch einzelne Neonazis immer wieder an der Kundgebung auftauchen.

Sonja Staack vom DGB Berlin-Brandenburg freut sich über die rege Teilnahme an der Kundgebung. Der Aufmarsch im vergangenen Jahr hatte sie schockiert: »Solche Bilder wollen wir in Berlin nie wieder sehen.« An den Stellvertreter Hitlers, der für ein Regime stand, welches für 60 Millionen Tote und insbesondere sechs Millionen ermordete Jüd*innen verantwortlich ist, dürfe nicht positiv erinnert werden. Den erneuten Aufstieg der Nazis - vor allem im Osten - erklärt sie sich auch durch die fehlgeschlagene Politik der Treuhand in den 90er Jahren. Die Gewerkschaften wollten deshalb eine »offene Tür« für wirtschaftliche Befürchtungen, aber auch »klare Kante« gegen Rassismus und Neonazismus zeigen.

Derweil ist es in Spandau ruhig, dort wo das ehemalige Kriegsverbrechergefängnis stand, in dem sich Rudolf Heß 1987 das Leben nahm. 50 Demokrat*innen sitzen auf Bierbänken und frühstücken: im SPD-Wahlkampfshirt »Team Rael Saleh« oder mit ver.di-Warnweste neben einem Herrn mit FDP-Button am Polohemdkragen. Alle Parteien der BVV beteiligen sich an der Aktion - außer der AfD. Schon kurz nach dem Aufmarsch im vergangenen Jahr wurde die Kundgebung angemeldet. »Wir müssen den Platz hier besetzen«, erklärt Jürgen Jänen, aktiv bei »B2 Aktion plus«. So würde man den Nazis ihre Aktionen erschweren. Für Jänen ist der Tag ein Erfolg. Man wolle auch nächstes Jahr wieder dort sein. Dann soll der Platz bereits umbenannt sein, wie die örtliche BVV beschlossen hat: in »Platz der weißen Rose«.

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