Gericht weist Klimaklage ab

Klimaschutzklage von drei Ökobauernfamilien gegen Bundesregierung abgewiesen

»Wir brauchen Hilfe.« Es sind eindringliche Worte, mit denen Landwirt Claus Blohm aus dem Alten Land im Süden Niedersachsens auf die Folgen des Klimawandels für seinen Betrieb hinweist. Ernteausfälle wegen Trockenheit und Extremwetter, sich ausbreitende Schädlinge, die in Deutschland eigentlich gar nicht vorkommen sollten - die Problemliste ist lang.

Blohms Ausführungen vor dem Verwaltungsgericht Berlin am Donnerstag zielten indes nicht auf die Forderung ab, bei der es die konservative Lobby des Bauernverbands gewöhnlich belässt: noch mehr Agrarbeihilfen. Der Landwirt möchte die Politik zu größeren Klimaschutzanstrengungen bewegen. »Ich bitte Sie, der Regierung beizubringen, dass wir einen anderen Weg einschlagen müssen«, sagte er an das Gericht gewandt.

Drei Ökobauernfamilien aus der Elbmarsch, von der Nordseeinsel Pellworm und aus der brandenburgischen Lausitz haben Klage eingereicht. Es geht dabei nicht um individuelle Befindlichkeiten und die Frage finanzieller Entschädigung für Ernteausfälle, sondern um eine juristische Grundsatzfrage mit politischen Folgen: Ist es ein Verstoß gegen die Grundrechte der Bürger, wenn die Bundesregierung im Klimaschutz nicht einmal das selbst gesetzte Ziel erfüllt, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken?

Der erste Klimaprozess gegen die Bundesregierung wird unterstützt von der Umweltorganisation Greenpeace und vielen Sympathisanten. Vor dem Gerichtsgebäude forderten am Morgen rund 100 Demonstranten mit drei Traktoren mehr Engagement im Kampf gegen die Erderwärmung. Im voll besetzten Gerichtssaal wurden die Landwirte mit viel Applaus begrüßt.

Die Bundesregierung, die durch das Umweltministerium vertreten war, hält die Klage für unzulässig. Dessen Anwälte argumentierten, die Forderungen stellten einen Eingriff in die Prinzipien von Demokratie und Gewaltenteilung dar. Außerdem müsste eine solche Klage nicht vor einem Verwaltungs-, sondern dem Verfassungsgericht verhandelt werden. Und das 2020-Ziel sei nicht in einem Gesetz festgeschrieben, sondern in einem Klimaschutzplan.

Richter Hans-Ulrich Marticke sagte, er sehe nicht, dass Maßnahmen der Regierung völlig unzureichend gewesen seien - rund 33 Prozent Minderung würden voraussichtlich erreicht und die 40 Prozent mit einigen Jahren Verspätung. Zudem habe der jüngste Beschluss zum Klimapaket die alten Beschlüsse »überholt«. Damit falle die Grundlage der Klage weg.

»Nur drei Jahre Verzögerung verrechnen sich in Millionen Tonnen CO2«, kritisierte dagegen Greenpeace-Anwältin Roda Verheyen. Sie hält die Klage für juristisch hieb- und stichfest: Der Kabinettsbeschluss der schwarz-roten Regierung vom Dezember 2014 zum Klimaschutz sei ein verbindlicher Rechtsakt und nicht eine bloße politische Willensbekundung. Auch habe sich Deutschland in der EU und auf globaler Ebene im Pariser Klimaschutzabkommen zu dem 2020-Ziel verpflichtet. Die Bundesregierung habe Maßnahmen unterlassen, die verfassungsrechtlich als Mindestmaß an Klimaschutz geboten seien, sagte sie.

Das Gericht ließ sich davon nicht überzeugen und wies die Klage ab. »Wir müssen die Handlungsspielräume der Exekutive respektieren«, sagte Richter Marticke zum vorläufigen Abschluss. Eine Berufung ließ er zu.

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