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Lompscher: »Es geht um viel mehr als den Mietendeckel«
Landesparteitag der Berliner LINKEN beschäftigt sich mit Paradigmenwechsel in der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik
Gegen Ende des Parteitags kommt es zu einem klassischen Kompromiss. Die Antragssteller und der Landesvorstand der Berliner LINKEN einigen sich beim Thema Umgang mit dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) auf eine Lösung. Statt wie ursprünglich gefordert, setzt sich die LINKE doch nicht zuvorderst dafür ein, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften den Verband verlassen, in dem auch private Konzerne wie die Deutsche Wohnen und Vonovia vertreten sind. Auch der ursprüngliche Änderungsvorschlag des Landesvorstands, dass eben jene profitorientierten Unternehmen aus dem BBU ausgeschlossen werden sollen, wird unformuliert.
Schließlich fordert die LINKE den BBU dazu auf, die Kampagnen gegen das Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co enteignen« und gegen den Mietendeckel aufzugeben. Dafür sollen sich auch die landeseigenen Wohnungsgesellschaften in dem Verband einsetzen. Der BBU solle wieder eine Interessenvertretung der gemeinwohlorientierten Wohnungsunternehmen werden. Falls dies innerhalb des BBU nicht möglich sei, sollten sich die Landeseigenen gemeinsam mit allen gemeinwohlorientierten Wohnungsunternehmen in einem eigenen Verband zusammenschließen. Das sei »ein sehr guter Kompromiss«, sagt Katalin Gennburg. Die Abgeordnete hatte den ursprünglichen Antrag zum BBU mit eingebracht.
Kontrovers diskutierten die Delegierten des Linksparteitags die Ausschreibung für die Stadtbahn- und Nord-Süd-Verbindung der S-Bahn.
Besonders in der Kritik steht die Möglichkeit, dass es in Zukunft nicht mehr eine S-Bahn aus einer Hand geben könnte, sondern auch Private zum Zuge kommen könnten. »Durch eine Zerschlagung oder Teilzerschlagung, durch eine Privatisierung oder Teilprivatisierung wird die nächste S-Bahn-Krise organisiert«, sagt Ruben Lehnert aus dem Bezirksverband Neukölln, der einen Dringlichkeitsantrag zur S-Bahn auf dem Parteitag eingebracht hatte. »Wir können keine Direktvergabe machen«, entgegnete der Verkehrsexperte der Linksfraktion, Harald Wolf. Man habe aber durchgesetzt, dass die S-Bahn Berlin GmbH ein Gesamtangebot abgeben könne. Am Ende wurde beschlossen, dass die Senatsmitglieder der LINKEN für eine Bundesratsinitiative einsetzen, mit der die Wettbewerbsbeschränkungen im Bundesrecht geändert werden. mkr
Im Vorfeld des Parteitags hatte die Debatte zum BBU intern durchaus für Unmut gesorgt. »Man greift nicht in die Hoheit von Verbänden ein«, heißt es kopfschüttelnd aus Linksparteikreisen. Und: Das sei eine Aktion, über die man sich selber schwäche. Klar ist: Wenn die Linkspartei weiter die Wohnungswende in Berlin vorantreiben will, braucht sie die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und auch die Genossenschaften als Partner, von denen einige Geschäftsführungen seit der Ankündigung für den Mietendeckel der Partei ebenfalls nicht mehr wohl gesonnen sind.
Grundsätzlich sieht sich die LINKE mit ihrer Wohnungs- und Mietenpolitik aber auf dem richtigen Weg. »Es ist höchste Zeit, dass wir dem Mietenwahnsinn ein Ende setzen«, sagt die Landesvorsitzende der Linkspartei, Katina Schubert, zu Beginn des Landesparteitags. Die Sozialisten sehen sich durch die letzten Meinungsumfragen bestätigt, die eine große Unterstützung der Berlinerinnen und Berliner beispielsweise für den Mietendeckel zeigen. Schubert dankt denn auch Initiativen der Mieterinnen und Mietern in der Stadt, »ohne deren Druck« solche Regulierungen nie möglich gewesen wären.
Dass es der Berliner Linkspartei aber um weit mehr als lediglich ein Einfrieren der Mieten für fünf Jahre geht, macht Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) deutlich. Sie ist gerade so etwas wie der Berliner Star der LINKEN, für ihre Politik und den Mietendeckel erhält sie von den Delegierten große Zustimmung.
»Es geht um viel mehr als den Mietendeckel, es geht um einen Paradigmenwechsel der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik in Berlin«, sagt Lompscher. Dafür sei der Mietendeckel zwar ein »wesentliches Instrument«, aber das Ziel sei die Stärkung des Gemeinwohls und eine Stadt, die ihre soziale Qualität bewahre. »Der Mietendeckel ist die halbe Miete«, betont Lompscher. Doch die nächste Frage rückt bereits auf die Agenda: Es gelte nämlich, den Boden zu sichern und den gemeinwohlorientierten Wohnungsbau zu stärken. Für diesen blieben die Genossenschaften wichtige Partner.
S-Bahn in Landeshand
Linkspartei diskutiert über Zukunft des Verkehrsunternehmens.
Auch Vizesenatschef Klaus Lederer (LINKE) stellt als Hauptproblem dar, dass »mit Wohnungen Profit gemacht wird«. »Wohnen ist ein knappes Gut.« Lederer verweist zudem darauf, dass Rot-Rot-Grün so viel öffentlichen Wohnraum gebaut habe wie schon lange nicht mehr. Den Gegenwind der Immobilienlobby bezeichnet Lederer als »groß«. Dagegen helfe nur, politisch Druck zu machen – und zu kämpfen.
Der Unterstützung der Bundespartei kann sich die Berliner LINKE dabei sicher ein. In einem Grußwort versichert der Bundesschatzmeister Harald Wolf, dass die »gesamte Bundespartei hinter dem Landesverband« in dieser großen Auseinandersetzung stehe. »Wir müssen deutlich machen: Nicht die Profitinteressen einiger weniger, sondern die Lebensinteressen vieler müssen wir durchsetzen«, sagt der ehemalige Berliner Wirtschaftssenator. Wolf ermuntert die Delegierten aus Berlin auch, sich stärker in die strategische Debatte der Bundespartei einzubringen. Schließlich zeigt Berlin, wie Rot-Rot-Grün erfolgreich Politik machen könne.
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