- Berlin
- BER
Flughafenregion läuft sich warm
Kommunales Dialogforum will Interessenausgleich im BER-Umfeld moderieren
Seit Ende November wird an der Fertigstellung des neuen Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld (Dahme-Spreewald) gearbeitet. Gut elf Monate vor der beschlossenen Inbetriebnahme geht es nun auch um die notwenige Beschleunigung der Entwicklung des Flughafenumfelds. Dafür hat die Kommunale Arbeitsgemeinschaft Dialogforum Airport Berlin Brandenburg (KAG DF) am Montag die Weichen gestellt. Es ist die 2006 gegründete Kommunikationsplattform der brandenburgischen Umlandkommunen, der Länder Berlin und Brandenburg, des Bundes, des Flughafenbetreibers und seiner Gesellschafter mit Sitz am »BER-Campus«.
»Das Flughafenumfeld ist schon vor der Eröffnung des BER ein immer attraktiver werdender Wohn- und Arbeitsstandort«, heißt es in einer Mitteilung des Dialogforums. So werde bis 2030 in der Flughafenregion mit rund 85 000 zusätzlichen Beschäftigten und fast 40 000 neuen Einwohnern (2018: 238 000) gerechnet. Bis 2030 erwarte man ein zusätzliches Verkehrsaufkommen von 220 000 Fahrten pro Tag, wie eine Verkehrsstudie des Büros SPV Verkehr GmbH belege. Am BER rechne man bis dahin mit einem Anstieg der jährlichen Passagierzahlen um ein Drittel. Die Länder Berlin und Brandenburg und die Umlandkommunen profitierten von dieser Entwicklung. Sie stünden aber auch vor zusätzlichen Belastungen und großen Herausforderungen.
»Im kommenden Jahrzehnt müssen neue Kindergärten, Schulen, Sport-, Freizeit- und Kultureinrichtungen aber auch Feuerwehrhäuser und Radwege gebaut werden. Das können die Umlandkommunen nicht ohne Unterstützung des Bundes und der Länder Berlin und Brandenburg leisten«, teilte das Forum mit. Notwendig sei deshalb ein »Umland- und Ausgleichsfonds«. Vor diesem Hintergrund berieten die Mitglieder der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft über die inhaltliche Neuausrichtung des Dialogforums. Seine Arbeit konzentriere sich auf drei Aufgabenfelder - Interessenausgleich, Fluglärm sowie kommunale und interkommunale Entwicklung, hieß es.
Beim mittlerweile 17. Dialogforum mit dabei waren Berlins Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE), Brandenburgs Infrastrukturstaatssekretär Rainer Genilke (CDU) und für die Flughafengesellschaft FBB der für Personal zuständige Geschäftsführer Manfred Bobke-von Camen. Das Forum beschloss eine neue Geschäftsordnung und wählte den Verwaltungsexperten Alfred Reichwein zum neuen Vorsitzenden. Reichwein arbeitete zuvor als stellvertretender Vorstand der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement in Köln und als Senior Manager der Partnerschaft Deutschland GmbH in Berlin.
»Ich denke, dass das Format des Dialogforums wesentlich ist, um die Chance, aber auch die Belastung ›Flughafen BER‹ positiv zu gestalten«, erklärte der neue Vorsitzende vor Journalisten. Und er umriss den strategischen Ansatz, der das Handeln des Dialogforums künftig bestimmen soll. »Ich glaube, dass wir daran arbeiten sollten, eine positive Vision für diesen Flughafen zu entwickeln. Wohl wissend, dass es auch ein Projekt ist, das viele Belastungen mit sich bringen wird.« Zur Strategie gehöre es, neue Ideen nicht nur zu entwickeln, sondern auch, deren Umsetzung zu steuern. »Wir werden einen Ausgleichsfonds diskutieren, der wichtig ist für die Kommunen«, so Reichwein. Dieses Dialogforum müsse auch so gestaltet werden, dass es agiler auf neue Herausforderungen reagieren könne - das zu lernen, sei ebenfalls eine strategische Herausforderung.
Reichweins Stellvertreter Andreas Igel (SPD), Bürgermeister von Ludwigsfelde (Teltow-Fläming), hatte vorab bekundet: »Wir wollen das Flughafenumfeld ausgewogen und den Betrieb des BER so verträglich wie möglich für alle Beteiligten gestalten.« Aus seiner Sicht seien die Neuausrichtung und die Wahl eines neuen Vorsitzenden auf die Stärkung der Strukturen des Dialogforums und die effektivere Zusammenarbeit mit den Flughafengesellschaftern gerichtet.
Auch Senatorin Lompscher begrüßte die Neuaufstellung des Dialogforums angesichts der neuen Dynamik am Flughafen und in seinem Umfeld. »Das wird uns allen hier sehr gut tun, weil der Flughafen BER ist und bleibt bei all seinen positiven und negativen Effekten natürlich das wichtigste Infrastrukturprojekt der Hauptstadtregion.« Angesichts von Zehntausenden neuer Arbeitsplätze und wachsender Einwohnerzahlen im BER-Umfeld sei damit ein Handlungsauftrag an alle verbunden. Berlin ist im Forum auch mit den Bezirken Treptow-Köpenick, Neukölln und Tempelhof-Schöneberg vertreten.
Laut Staatssekretär Genilke werde auch Brandenburgs neue Landesregierung im Dialogforum weiter mitwirken: »Das Wachstum in diesem Raum und die Impulse des Flughafen BER sind eine Chance für Berlin und Brandenburg. Die Flughafenregion steht vor wichtigen Weichenstellungen«, erklärte er. Dabei sei aus Sicht des Landes aber auch zu berücksichtigen, dass die Kommunen in der Region sich »nicht nur aus dem Flughafen heraus definieren, sondern auch attraktives Wohnumfeld generieren und gleichzeitig wirtschaftliche Konzepte« für Gewerbeansiedlungen vorlegen müssen, die nach Eröffnung des Flughafens zunehmen werden.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.